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Tante Tine mit fünf großen Koffern und einer Amme hatte er als ersten Besuch harmlos, ohne Ahnung der folgenden Serie, süßsauer lächelnd, aber höflich entgegengenommen. Er erkannte den guten Willen der Tante an. Edle Beweggründe, ein schönes Menschenmitleid, ein blutsverwandtschaftliches Mitempfinden mochten sie veranlaßt haben, herbeizueilen.

Tante Meta mit acht Koffern und wieder einer Amme bekam schon einen weniger milden Empfang. Aber richtig grob und deutlich wagte Herr Becker nicht zu werden. Tante Meta war nämlich wohlhabend, und Beckers kamen als Erben in Frage.

Als Tante Hucklenbroich aber eines Tages mit einer Burg von Koffern und Körben und einer kolossalen Amme vor seinem Hause stand, war es mit seiner Selbstbeherrschung aus, und er ließ sich zu einigen häßlichen Bemerkungen hinreißen.

Da kam er aber schlecht an bei Tante Hucklenbroich.

Ob er wohl meine, man verlasse sein liebes Gladbach, sein gemütliches Gladbach und mache die anstrengende Reise zum Vergnügen oder gar seinetwegen? Da irre er sich aber gewaltig! Nur ihre Pflicht als Verwandte, als Tante habe sie dazu getrieben. Ja, ja. Wer solle sonst der armen, unwissenden Mutter beistehen und sie beraten? Und woher bekäme er hier in der Stadt eine solche Amme, wie sie eine mitgebracht? Hä. Sie bliebe hier und wiche nicht, da könne er machen, was er wolle. Außerdem habe sie das gleiche Recht hier im Hause, wie die beiden anderen Tanten. Und übrigens seien bei so was nie Hände genug.

So hatte den zukünftigen Vater die Tante Hucklenbroich angefahren und drohend und bestimmt mit

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/010&oldid=- (Version vom 1.8.2018)