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Immer weiter glitt das Auge abwärts, ich hatte so viel zu staunen, daß ich mir weiter keine Gedanken machte, wie das enden sollte, als ich plötzlich erschreckt auffuhr, da ich von einem Augenblick auf den anderen mit dem Auge nichts mehr sah. Gleichzeitig machte sich ein häßliches Sauggefühl und eine stechende Schärfe bemerkbar. O weh, da war das Auge in den Magen geraten! Siedendheiß überlief es mich. Jetzt würde ich wohl meine Neugierde mit einem verdauten Auge zu bezahlen haben. Ich versuchte krampfhaft, an den Muskeln das Auge aus dem Magen herauszuzerren. Vergebens! Die Muskeln längten sich wie Gummischnüre, weiter hatten meine Bemühungen keinen Erfolg. Das Auge blieb im Magen.

Plötzlich verspürte ich einen Stoß, und schon war die Dunkelheit einem Halbdunkel gewichen. Das Auge befand sich im Darm. Der Magen hatte es unverdaut von sich gegeben. Eine schauerliche Dämmerung herrschte im Darm. Unheimlich war es hier, lange nicht so schön wie im Brustkorb. Dazu ein unangenehmer, muffiger Geruch, die Wände glitschig und feucht. Tiefe Grabesstille, nur ab und zu unterbrochen durch ein fernes Glucksen. Der schwarze Gang schien schrecklichen Dingen zuzuführen. Eine Gänsehaut überlief das Auge. Mich packte das Grauen, und ich bereute dieses wahnwitzige Spiel.

In wellenförmigen Bewegungen, die ein der Seekrankheit ähnliches Gefühl hervorbrachten, glitt das Auge durch die unzähligen Windungen des Darmes weiter.

Halt! Was war das dort, das um die Windung glotzte? Das Auge stemmte sich angstvoll gegen die Darmwand und versuchte zu bremsen.

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Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/220&oldid=- (Version vom 1.8.2018)