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ganz vergehen wollte. Ich griff zur Zeitung. „Hitze, Hitze, Hitze,“ atmete es mich glühend an aus ihren Spalten. Berichte über Hitzschläge, statistische Vergleiche der bisherigen höchsten Temperaturen, genaue Angaben der Gradhöhe morgens, mittags und abends aus allen Städten, Mittel gegen Hitzschläge, Vorschriften für die Bekleidung, über Hitzeferien, so höhnte es mich an. Was gingen mich alle die Vorschläge an über eine einheitliche Regelung der Hitzeferien? Der älteste Mann der Stadt soll darüber entscheiden! proponierte jemand. Die Vision peinigte mich: Ein uralter Mann, höllenhaft schwitzend, auf einem Eiskühler sitzend, einer zweiten Pythia gleich, dem fragenden Volke kündend, ob hitzefrei sei oder nicht!

Dem Himmel sei Dank, die Zeitung verbrannte mir in der Hand. Es wäre sonst mein Ende gewesen.

Ich mußte eines Tages allerdringendst in die Stadt. Ich hatte in der Wohltätigkeitslotterie zum Besten der vom Hitzschlag betroffenen Unglücklichen zwei Pelzkragen, einen Karton Aachener Printen und drei Dutzend Tulpengläser gewonnen. Die Gewinne mußten sofort eigenhändig abgeholt werden.

Es war an dem Tage so heiß, daß das Quecksilber oben am Thermometerrohr herausspritzte und die Wände hinaufkroch. Feuersalamander hörten auf, sich über zu frische Temperatur zu beklagen.

Nach langem Kampfe habe ich mich entschlossen, die weiße Hose anzuziehen. Sie bewährte sich glänzend. Die Strahlen der gierigen Sonne prallten ab an dem Weiß der Unschuld. Wenn ich nicht den schweren Filz aufgehabt hätte und einen sechs Zentimeter hohen, weiß

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Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/202&oldid=- (Version vom 1.8.2018)