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Leute, die sich seit Jahren kannten wie Zwillinge, stellten sich gegenseitig immer wieder aufs neue vor, wo sie sich nur trafen. Das schien in der guten Gesellschaft von Stumpfsinnshausen Sitte zu sein. Das fiel Eusebius Nöll auf.

Das Menü begann in lieber alter Weise mit Bouillon in Tassen mit Markklößchen, dann folgte Rheinsalm mit sauce hollandaise, Roastbeef à la jardinière, Poularde mit Salat und Kompott, Vanilleeis, diverse Käse, Kaffee, Knallbonbons. An Wein gab es die beliebten Marken der Ressource. Dieses Menü bekam man, wo man auch eingeladen war, mit unerschütterlicher Sicherheit; es war das Normalmenü des einzig maßgebenden Traiteurs der Stadt, der auch den roten Läufer, die künstlichen Palmen und den Lakai mit der Tomatennase mitlieferte.

Das Bouillongeschlürfe war kaum weniger interessant und hätte fast die quälend beginnende Unterhaltung dieser Gesellschaft ersetzen können, die den Rheinsalm und den Braten und den Poulardenvogel mit der Brühe langweiliger Phrasen und Gemeinplätze benetzte.

Es lag ein seltsamer Stumpfsinn über dieser Veranstaltung. Das war also die Elite von Stumpfsinnshausen, das waren die Spitzen der Gesellschaft, dachte sich Eusebius Nöll mit einer gewissen Unruhe.

Das seichte Gerede wurde plötzlich unterbrochen von dem als Witzbold bekannten Platzmajor von Schnitzel, der bei keiner Gesellschaft versäumte, in launiger Weise zu konstatieren, daß die anwesende Gesellschaft die Farben der deutschen Flagge repräsentiere. Denn schwarz die Fräcke! Weiß die Toiletten der Damen! Rot die Aufschläge der Uniformen!

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Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)