„Ich habe die Gebrauchsanweisung in der Elektrischen bereits genau geprüft, überlasse es mir, den Federhalter mit Tinte zu füllen und gebrauchsfertig zu machen,“ schlug mir Abel vor. Ich war wohl damit einverstanden. Ich verfolgte genau das Tun meines Freundes.
So, die vordere Kapsel war abzunehmen, das war als erstes vorgeschrieben. Gott, was war vorne, was war hinten? Natürlich machte Abel es verkehrt und schraubte die Kapsel auf der falschen Seite ab. Ein kleiner Stift mit einem Kopf aus Messing, der in der Mitte des Halters angebracht war, sollte bei der Füllung des Halters heraus und wieder hineingeschoben werden, fortgesetzt raus und rein (so hatte Miß Ashkees „pull out, put in“ übersetzt). Abel hielt nun den Halter in die Tintenflasche und machte an dem Messingknöpfchen pull out, put in – wohl eine gute halbe Stunde. Es geschah nichts, die Tinte blieb in der Flasche. Abel ließ aus Versehen dann den Halter in die Flasche fallen. Wir gossen die Tinte in einen Suppenteller und fischten den Halter wieder heraus. Mein Vertrauen zu Abel begann zu wanken. Der Halter sei wagerecht zu füllen, stand in der Gebrauchsanweisung. Das hatte Abel übersehen. Er verteidigte sich und meinte, es sei wohl unwesentlich, aber man könne es ja immerhin versuchen. Er legte den Halter schräg in den mit Tinte gefüllten Suppenteller und machte an dem Knöpfchen pull out, put in. Sogleich stiegen dicke Tintenblasen auf, die mit einem schluchzenden Geräusch platzten und Abel Tinte ins Gesicht spritzten. Der Halter schien tief zu atmen, er zuckte hin und her. Es war in der Tat unheimlich.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)