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Leobschietz machte wieder die Tour nach Westfalen. Die Büste Savonarolas des Bildhauers Klömpke hatte fast noch mehr Erfolg als das Bild von Professor Brauntupf. Wieder war es der markante Kopf, der es tat, nur war er diesmal hagerer. Das Werk wurde von der italienischen Regierung angekauft.

Man wußte in Künstlerkreisen, daß das Modell Leobschietz hieß, aber nicht, was er war. Er war der bekannteste Mensch in den Künstlerkreisen der Stadt. Das gefiel ihm wohl.

Als er nun noch zu der Gelbsucht einen Bandwurm bekam, und er grün und violett im Gesicht wurde, stürzten sich die Neoimpressionisten und Futuristen auf ihn.

Er war überall eingeladen. Wenn er auch langweilig war und fad, man brauchte ihn wegen seiner Gesichtsnuancen.

Eines Tages riet ihm Geheimrat Boorsalbe dringend, da die Gelbsucht und der Bandwurm überhandnahmen, in ein Sanatorium zu gehen. Leobschietz folgte dem Rat des Arztes. Nach vier Wochen kehrte er zurück mit Hängebacken, dickem Schmerbauch, Doppelkinn, abstehenden Schweinsohren. Von einem interessanten Kopf, an dem sich Künstler begeisterten, konnte nicht mehr die Rede sein.

Als er vom Bahnhof kam, begegnete er just dem Professor Brauntupf. Der Maler schaute ihn bei seinem Gruße einen Augenblick an, schüttelte den Kopf und ließ ihn stehen. Ähnlich taten es alle, denen er Modell gestanden hatte und durch die er in die Geselligkeit des Künstlervölkchens eingeführt worden war.

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Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/115&oldid=- (Version vom 1.8.2018)