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Der interessante Kopf

Herr Leobschietz war Reisender in Rüböl und hatte die Gelbsucht. Er war sehr langweilig, weil er immer von Rüböl sprach. Er war erstaunt, daß alle Leute, die er so kennen lernte, ihn bald satt hatten und ihn, wenn sie ihm begegneten, ostentativ schnitten. Das war ihm unerklärlich. Er hielt sich für einen geselligen Menschen, der in jede Gesellschaft paßte und seinen Mann stellte. Seine Sehnsucht war, in guter Gesellschaft zu verkehren.

Vorläufig aber waren sein einziger Umgang die Rübölinteressenten, die jeden Freitag zum Kegeln im Rübölklub zusammenkamen. In diesem Klub drehte sich das Gespräch nur um Rüböl, Rüböl, Rüböl … Dieses fortwährende Geschwätz über Rüböl hatte zur Folge, daß sich Rüböl an den Wänden niederschlug und in dicken Tropfen über die Tapeten rann.

Infolge der Gelbsucht sah Herr Leobschietz natürlich sehr gelb aus. Die Augen waren gelb, der Anzug gelb, die Schuhe gelb, die Milchfrau gelb, das Klavier gelb, alles war gelb und der Kanarienvogel grün.

Wenn er abends aus dem Bureau kam und sich in den Anlagen spazierend erging, liefen ihm die Kinder nach und riefen: „Postkutsche!“

Passanten schauten sich nach ihm um. Frau Bellhoff sagte: „Das ist ein Schineeß.“

„Wegen dem gelben Gesicht, Mama?“ fragte altklug der kleine Bertram.

Diese blöden, fortgesetzten Belästigungen verdrossen natürlich Leobschietz ungemein.

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Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)