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spätestens mit dem achtzehnten Jahre verlobt sein. Du wirst dich also mit dem Grafen Bodo verloben, wie wir das wünschen!“ Die Stimme des Vaters, die vorher so fröhlich geklungen, nahm jetzt einen scharfen, befehlenden Ton an. Wenn es sich um Dinge handelte, die die Tradition seiner Familie berührten, kannte er keinen Spaß. Er war eben dann ein echter Unstrut von Felsenhorst: Herz wie Stahl, Herz wie Stahl.

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf Lilli diese Eröffnung. Als wohlerzogenes Kind verzichtete sie auf Widerreden, stand verstört vom Tisch auf, nahm ihr Glas mit den Kaulquappen und ging laut schluchzend in das Schloß. Sie sagte fast erstickt von Tränen nur einmal: „Theobald!“

Graf Eberhard packte der Zorn, jener Zorn, der von alters her im Blute der Felsenhorst gärte, schlug mit der Faust auf den Tisch, daß das Kaffeeservice durcheinanderflog und an der Milchkanne der Ausguß abbrach. „Wer hat hier zu bestimmen? Ich bin der Vater, der Vater. Wer ist der Vater? Ich, ich, ich!“ schrie er mit aller Kraft. Da das niemand bezweifelte, wurde er noch wütender.

„Was sagte sie noch – Theobald?“ Der Vater bekam einen Wutkrampf.

„Laß sie sich ruhig erst mal sammeln, laß sie zu sich kommen. Das ist doch für ein junges Mädchen ein Schritt fürs Leben. Sie wird schon zur richtigen Erkenntnis kommen,“ suchte Gräfin Hildegard ihren Gatten zitternd zu beruhigen. „Außerdem ist von der Milchkanne die Schnute abgebrochen. Die wird man vielleicht mit Syntetikon wieder kitten können,“ fügte sie zaghaft hinzu.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/064&oldid=- (Version vom 1.8.2018)