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ein Rad oder eine Kugel. Ovid und Tibull brauchen es. Doch Horaz schildert ihren Mutwillen, ihre Unstätigkeit und ihre unsichere Wahl schon mit stärkeren Farben. –

Warlich, wäre Glük und Glükseligkeit nicht von einander unterschieden, und würde also Beides durch dasjenige unvermeidliche Verhängnis bezeichnet, welches den Menschen vom ersten Geburtshauche an, durch alle Lebensscenen begleiten, und welches gleichsam – wie man sagt, – seiner Stirne eingedrükt seyn, und mit dem milden oder widrigen Einflus der Gestirne in Verbindung stehen soll; nun so dürften die meisten Schilderungen der Alten überaus treffend und selbst am Schlusse des so ganz für Schwärmerei und Leichtglauben gestimmten Achtzehnten Jahrhunderts, noch hie und da anwendbar seyn. Denn noch immer seufzt der kurzsichtige Sterbliche über die Kaprizen des Glüks. Bald ist es ihm ein Tyrann, bald ein gefälliger Freund, heute einem mürrischen Greise, und morgen einem tändelnden Kinde ähnlich. Es schläft und wacht wieder, lächelt und murrt, liebkoset und spöttelt, verwundet und heilt, bauet und reist nieder, umarmt – gleich einem leichtsinnigen Mädchen den Liebling, und verläst ihn flügelschnell gegen einen andern. – Wie oft hebt es

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Heinrich Nudow: Ideen über Glük und Glükseligkeit. Kaiserliche Buchdrukerey, St. Petersburg 1788, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heinrich_Nudow_%E2%80%93_Ideen_%C3%BCber_Gl%C3%BCk_und_Gl%C3%BCkseligkeit.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)