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Glükseligkeit, ist so wie Tugend eine Sache, wovon jedermann spricht, – welche sich viele zu besizen schmeicheln, – welche einige besizen, – und wovon die wenigsten einen wahren Begriff haben. Ich glaube dieses kömmt daher; weil die meisten Menschen sich ganz falsche Vorstellungen, ganz irrige und immer noch zu sinnliche Begriffe von den Mitteln zur Glükseligkeit, ich meine vom sogenannten Glük machen. Denn das Glük war – und ist noch immer so ein Untergott der meisten Sterblichen, von dem sie alles erwarten, um selbst desto weniger thun zu dürfen, und den sie verehren oder tadlen, je nachdem er mehr oder weniger gerecht, wie sie wähnen, seine Güter verteilt hat. Fast jeder Weltbürger entwirft sich davon ein Bild, jeder trägt aus seinen Schiksalen eigene Farben auf; – und dennoch wird es kein Gemälde, sondern nur ein mehr oder minder feines Gespinste, der verschiedentlich lebhaften Einbildungskraft.

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Heinrich Nudow: Ideen über Glük und Glükseligkeit. Kaiserliche Buchdrukerey, St. Petersburg 1788, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heinrich_Nudow_%E2%80%93_Ideen_%C3%BCber_Gl%C3%BCk_und_Gl%C3%BCkseligkeit.djvu/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)