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Glük nenne ich das, welches mit unserer Glükseligkeit in näherem Verhältnisse steht, und ganz zunächst davon abzwekt. Ein weiser Gebrauch, eine geschikte Anwendung des Beschiedenen, zu unserem und anderer Wohl; der süsse Wink unseres Gewissens, daß wir unsre Bestimmung erfüllen, das Bewustseyn ädler Handlungen, die Stimmung angeborner Leidenschaften zur Ordnung, die Natur und Gesez uns vorschreiben; – das ist wahres, wesentliches Glük. Stets handelt der Weise nach dem Maasstabe richtiger und geprüfter Grundsäze. Wohlangewandte Zeit, die doch endlich alle Dinge, wie Saturn seine Kinder frist, bleibt seine Schazkammer lehrreicher Erfahrungen. Sein äusseres Schiksal erwartet er mit furchtloser Stirne von der unverkürzten Hand der Vorsehung. Die Zukunft, ist sie gleich mit nächtlicher Finsternis umhüllt, beunruhigt ihn nicht. Denn ununterbrochene Freuden werden endlich schaal und unschmakhaft. Ist nicht die ganze Natur blos durch die Abwechselung schön? Fortwärende Einförmigkeiten der Akkorden würden das Ohr und unübersehbare Ebenen das Auge ermüden. Dissonanzen sind für die Harmonie, und Gebürge für die Simmetrie nothwendig. Die Musik braucht Mistöne, die Dichtkunst dann und wann rauhe Verse. Ein Werk, worin eine ununterbrochne Reihe

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Heinrich Nudow: Ideen über Glük und Glükseligkeit. Kaiserliche Buchdrukerey, St. Petersburg 1788, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heinrich_Nudow_%E2%80%93_Ideen_%C3%BCber_Gl%C3%BCk_und_Gl%C3%BCkseligkeit.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)