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Hörst du nicht das ferne Singen,
Wie von süßen Wettgesängen?
Englein schlagen mit den Schwingen

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Lauten Beifall solchen Klängen.


„Ey, was dort so hübsch geklungen
Ist kein Wettgesang, mein Lieber!
Singend treiben Gänsejungen
Ihre Gänselein vorüber.“

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Hörst du nicht die Glocken läuten,

Wunderlieblich, wunderhelle?
Fromme Kirchengänger schreiten
Andachtsvoll zur Dorfkapelle.

„Ey, mein Freund, das sind die Schellen

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Von den Ochsen, von den Kühen,

Die nach ihren dunkeln Ställen
Mit gesenktem Kopfe ziehen.“

Siehst du nicht den Schleyer wehen?
Siehst du nicht das leise Nicken?

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Dort seh’ ich die Liebste stehen,

Feuchte Wehmuth in den Blicken.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Gedichte. Maurersche Buchhandlung, Berlin 1822, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Gedichte_1822_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)