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An Friz St.
In’s Stammbuch.


Die Schlechten siegen, untergehn die Wackern,
     Statt Myrten lobt man nur die dürren Pappeln,
     Worein die Abendwinde tüchtig rappeln,
     Statt stiller Glut lobt man nur helles Flackern.

5
Vergebens wirst du den Parnaß beackern,

     Und Bild auf Bild und Blum’ auf Blume stapeln,
     Vergebens wirst du dich zu Tode zappeln, –
     Verstehst du’s nicht noch vor dem Ey zu gackern.
Auch mußt du wie ein Kampfstier dich behörnen,

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     Und Schutz- und Trutz-Kritiken schreiben lernen,

     Und kräftig oft in die Posaune schmettern.
Auch schreibe nicht für Nachwelt, schreib für Pöbel,
     Der Knalleffekt sey deiner Dichtung Hebel, –
     Und bald wird dich die Gallerie vergöttern.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Gedichte. Maurersche Buchhandlung, Berlin 1822, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Gedichte_1822_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)