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von keiner Seite anerkannt, vielmehr legten beide Gegner Beschlag auf die Kommunalgarde: die Regierung erwartete von ihr die Aufrechterhaltung der Ruhe, und der Aufstand erhob auf sie als auf eine Volksbewaffnung Anspruch. So erließ die provisorische Regierung Befehl an alle Ortsbehörden, sofort sämtliche kampffähige Bürgerwehren nach Dresden zu senden, während das Generalkommando die auswärtigen Kommunalgarden vor Unterstützung der Revolution ausdrücklich warnte. Beide Aufgaben aber, von hüben und drüben gestellt, gingen in diesem tagelangen Kampf über die Kraft der innerlich nicht einheitlichen Truppe hinaus. So versagte sie als Ganzes nach beiden Seiten fast völlig. Und es ging ihr, wie es allen geht, die zwischen zwei kämpfenden Parteien unentschieden stehen und schwanken: sie erntete die Mißachtung und das Mißtrauen beider. Am schärfsten spricht sich diese Mißachtung auf der einen Seite bei Röckel, auf der andern bei dem militärischen Geschichtschreiber des Maiaufstandes Montbé aus, der jeden Versuch des Eintretens der Kommunalgarde für die Ordnung, den er verzeichnen muß, mit einem „angeblich“ verziert.

Und doch ist die Mißachtung, wenigstens von rechts her, nicht ganz verdient, da man der Kommunalgarde gerechterweise schwerwiegende mildernde Umstände zubilligen muß. Das ist zuvörderst, nach Lenzens Abdankung, ihre Führerlosigkeit im Sinn der Ordnung. Das Generalkommando ließ im wesentlichen die Zügel am Boden schleifen. Es ist auffällig und fiel auch damals denkenden Mitgliedern der Kommunalgarde auf, daß General von Mandelsloh – im Gegensatz zu Prinz Johann in früheren Fällen – sich nicht zu der Truppe begab und nicht wenigstens den Versuch machte, sie zu führen und zu einheitlichem und entschiedenem Handeln fortzureißen. Auch das Bewußtsein, ohne jede öffentliche Behörde zu sein, da anfänglich keine ein Lebenszeichen von sich gab, wirkte peinigend und lähmend. Ein zweiter Umstand, der die Truppe zur Macht- und Hilflosigkeit verurteilte, war der, daß man sie ganz ohne Schießbedarf gelassen hatte – wohl absichtlich, weil man ihr nicht traute – und ihr auch auf ihr ausdrückliches Verlangen keinen aushändigte, weil keiner vorhanden sei, wie Lenz erklärte. Wie soll aber eine Truppe ohne Möglichkeit, im Notfall zu schießen, einer wütenden und zum Äußersten entschlossenen Masse mit Aussicht auf Erfolg entgegentreten? Angesichts des an verschiedenen