das Bataillon aufzuhetzen, ward aber von den Offizieren zurückgewiesen. Der Kommandant, Advokat und Gerichtsdirektor Böhme, führte dann sein Bataillon vom Altmarkt weg nach dem Pirnaischen Platz. Dahin entsandte Heinze seinen Adjutanten, der nach vergeblicher Verhandlung mit dem Kommandanten Freiwillige zum Kampf aufrief; es folgten ihm aber noch keine zwanzig Mann. – Hauptmann Taggesell, der mit seinen Scharfschützen im Auftrag von Lenz das Rathaus besetzt hielt, verließ diesen Posten auch nicht, als ihn die aufgeregte Menge aufforderte, nach dem Zeughaus zu ziehen und es zu stürmen. Mittlerweile hatte sich auch das 3. Bataillon, dem die Rathauswache zugedacht war, von Neustadt her in Marsch gesetzt; unterwegs von einem schreienden Volkshaufen angefallen, der es nach dem Zeughaus lenken wollte, ließ es sich doch in seiner Richtung nicht beirren, rückte nach dem Altmarkt und nahm vor dem Rathaus Stellung. Die leidliche Ordnung, die anfangs noch gehalten wurde, löste sich in der vom Zeughaus herflutenden Aufregung fast völlig auf – kaum, daß sich die Kompanien noch truppweise zusammenhielten. Das Ansinnen eines bewaffneten Aufständischen an einen Zugführer, Leute zur Besetzung einer Barrikade abzugeben, lehnte dieser geschickt ausweichend ab. Sofort nach der Urlaubsansprache Heinzes marschierte das Bataillon in einzelnen Abteilungen auf Umwegen, um den Schein des Rückzugs zu vermeiden, wieder nach der Neustadt zurück und ging auseinander, überwiegendenteils entschlossen, einem Rufe des neuen Kommandanten keine Folge mehr zu leisten. Die provisorische Regierung erkannte dann auch die besondere Stellung des Neustädter Bataillons ausdrücklich an. Es hielt noch zwei Tage hindurch als eine Art Sicherheitswache mit bewaffneter Neutralität das Neustädter Rathaus besetzt, bis zu übersehen war, daß die Neustadt ruhig blieb. Eine Abordnung des Bataillons begrüßte das am 4. Mai abends eintreffende Leibregiment am Bahnhof. – Eine Abteilung eines andern Bataillons unter dem Hauptmann Schornsteinfegermeister Anger, der dafür später mit dem Verdienstorden ausgezeichnet wurde, hielt zum Schutze der Sammlungen den Zwingerwall besetzt, bis am 5. Mai das Militär seine Stellung dahin ausdehnte. Ebenso bewachte die Technische Legion bis zu ihrer Entwaffnung durch die Aufrührer das Postgebäude als neutralen Boden. – Die
Dr. Georg Beutel: Dresdner Bürgersoldaten. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1926, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft30VereinGeschichteDresden1926.djvu/105&oldid=- (Version vom 1.5.2023)