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Aus dem Oratorium „I Pellegrini“ war vornehmlich der „traulichfromme“ Chor „Le porte a noi disserra Gerusalemme bramata“ auch in deutscher Sprache („Zagt nicht auf dunklen Wegen“) noch lange viel gesungen, und auch die schöne Orchesterleitung des Vater Unser wäre als Wertstück nicht zu vergessen. In dem Aufführungsverzeichnis der Dreyßigschen Singakademie[1] erscheint Naumanns Name zuletzt im Jahre 1869. Der bis in die Neuzeit bestandene Brauch, an den zweiten Feiertagen hoher Feste in der katholischen Hofkirche eine Naumannsche Messe aufzuführen, ist, wie hier Erwähnung finden mag, auf das Ernennungsdekret des Meisters zum Oberkapellmeister vom 20. November 1786 zurückzuführen. Dort heißt es, insbesondere solle er das Vorrecht genießen, „am neuen Jahres Tag und an den beyden ersten Tagen der drey hohen Feste, Ostern, Pfingsten und Weihnachten ingleichen am frohn Leichnahmsfeste entweder seine eigne oder, wenn es anbefohlen wird, die Hassische Musik aufzuführen, dergestalt, daß wenn letztere am Ersten Tage vorgedachter hoher Feste aufgeführt worden, er seine eigne Messe am Zweyten Feiertage aufführen möge.“

Auf jene rationalistische Kühle der Naumannschen Kirchenmusik zurückkommend, so mochte sie vielleicht der gemütvollgläubige Mozart empfunden haben, als er am 13. April 1789 bei seinem Dresdner Aufenthalt „in einem oratoire der Musik gegenüber“ eine Messe von Naumann unter dessen Leitung hörte und sie, wie er an seine Constanze schrieb, „recht mittelmäßig“ fand. In einem andern freilich nicht beglaubigten aus der ersten Auflage von Otto Jahns Mozart-Biographie in die Nohlsche Sammlung übernommenen Brief wird ihm ein Urteil unterstellt, das er immerhin gefällt haben könnte: sie sei „schön rein geführt und breit gewesen, aber „e bießle kühlig,“ etwa wie Hasse, aber ohne Hasses Feuer und mit neuerer Cantilena[2].“ Am 15. April nachmittags 4 Uhr ließ sich dann Mozart noch auf der berühmten Silbermannschen Orgel hören, in Gegenwart Naumanns und des Erfurter Organisten Joh. Wilh. Häßler, mit dem er erfolgreich konkurrierte.

Nach dem Tode Naumanns (1801) wurde im Jahre 1803 Fernando Paër an die Spitze der Kapelle berufen, den man als einen feurigen Dirigenten nur ungern scheiden sah, als ihn Napoleon 1807 nach Paris entführte. Für Dresden schrieb er nur eine Messe. Doch ist anzunehmen, daß er kraft seines Amts bei allen festlichen Gelegenheiten den Kirchendienst versah. Sein Nachfolger


  1. O. Schmid. Geschichte der Dreyßigschen Singakademie. 1907.
  2. Ganz abfällig und die Musik parodierend habe sich nach Rochlitz Mozart bei Doles in Leipzig über die Messe eines Komponisten (Naumann?) der „als Kirchenkompositeur angestellt sei, aber ein offenbares Talent für die komische Oper habe“; was freilich besser auf Schuster passen würde. „Vater Doles“ habe sie ihm auf sein stetes „Ist ja all’ nichts“ zur Prüfung mitgegeben gehabt.