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des Hoftheaters noch etwas Ähnliches zu bieten, das von Dauer wäre. Bestanden auch damals noch keine königlichen Sinfoniekonzerte, so kannte man doch das Hoforchester aus den schon erwähnten Akademien, und Vergleiche konnten leicht gezogen werden, die bei den reicher fließenden Mitteln kein Wunder natürlich stets zugunsten des Hoforchesters ausfielen, selbst wenn auf der anderen Seite Künstler wie Schumann, der öfters neben Hiller dirigierte, wirkten.

Vom übrigen Konzertleben in Dresden seien nur noch die Konzerte der damals ebenfalls in Mode kommenden reisenden Orchester erwähnt. Joh. Strauß (Vater) mit seinen Wienern, Gungl mit den Berlinern, Bilse mit dem Liegnitzer Orchester waren sehr beliebte Gäste.

Die junge Musikwissenschaft begann in Dresden ihr Feld zu bebauen durch musikhistorische und -theoretische Vorlesungen im Abonnement, die von Seminarlehrer Schütze und dem bekannten Brendel gehalten wurden, welcher immer von Leipzig herüberkam, wo er Redakteur der N. Z. f. M. war.

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Wir verfolgen nunmehr wieder das Leben Reissigers. Wir hatten gesehen, wie unter seiner Leitung in den dreißiger Jahren die Dresdner Oper und das Konzertleben auf große Höhe gelangten. Die Oper war am Ende der dreißiger Jahre die erste in Deutschland. Die italienische Zeit des Dresdner Musiklebens, welche weit über hundert Jahre gedauert hatte, hatte sich nun ihrem Ende zugeneigt. Wir lesen noch um 1830[1] von einem den Italienern wieder glücklich abgerungenen Tag im Wochen-Spielplan. Nun aber war nach dem Eingehen der italienischen Oper[2] freie Bahn für deutsche Kunst. Reissiger begründete in Dresden eine eigentliche Gluckpflege, welcher sonst nur noch in Berlin (Spontini) gespielt wurde (Iphigenie auf Tauris, Orpheus und Euridike), wandte seine Aufmerksamkeit Mozart zu, durch Aufführung von dessen Werken in deutscher Sprache[3]. Eine wackere Fürsorge traf er aber auch für Vorstellungen moderner Werke. Wir nennen die glänzende Hugenottenaufführung, der Meyerbeer beiwohnte (1838). Reissiger nahm zu gern neue Opern an[4], wobei ihm die Intendanz öfter wegen der Kosten Schwierigkeiten machte, denn die Unterstützung junger Talente hatte nicht immer etwas eingebracht. Die Annahme des Rienzi, die wir noch näher besprechen werden, ist auch ein Beweis des Eintretens für junge Kräfte. Vorerst müssen wir noch ein paar Worte der Pflege der Kirchenmusik unter Reissiger (Katholische Hofkirche) widmen. Die Aufführungen bestehen bekanntlich heute noch und behaupten durch die Verbindung mit der Hofoper, indem deren Künstler auch für die Kirche mit verpflichtet werden, eine erste Stellung. Als Reissiger antrat, überkam er ein glänzendes Ensemble für die Kirchenmusik. Die italienische Oper war mit ihren Sängern und besonders ihren Kastraten noch auf voller Höhe. Frauen durften aber nach dem „mulier taceat in ecclesia“ während Reissigers ganzer Amtszeit (bis


  1. Spazier, Scherz und Ernst über Ernst Scherzliebs Dresden, wie es ist.
  2. 1832.
  3. R. selbst bearbeitete 1853 „Idomeneus“ zusammen mit Advokat Niese.
  4. 1842 heißt es in der Presse, daß Dresden die einzige deutsche Pflegestätte sei, die sich noch der Mission, junge Musiker zu unterstützen, bewußt ist.