Seite:Heft26VereinGeschichteDresden1918.pdf/85

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

bekannte Hofpianist Krägen war mit ihm befreundet. Krägen war Lehrer am Hofe und war gewissermaßen der Leiter der familiären Musikpflege der Wettiner, während Reissiger die nach außen gerichtete vertrat. Es sind in der Geschichte der Musik am sächsischen Hofe immer zwei Vertreter in dieser Weise festzustellen.

Wir müssen nun endlich auch der von der Kgl. Kapelle unabhängigen Orchestermusik in Dresden gedenken. Dieser wird in den zeitgenössischen Berichten ein ganz besonderes Lob gesungen. A. Wendt[1] erzählt folgendes: „Weber brachte hieher den Geist des neuen deutschen Gesanges. In der letzten Zeit ist man aber auch in der Ausführung der großen Instrumentalwerke rasch vorgeschritten, und selten wird man von zwei großen Instrumentalchören wie dort im Großen Garten die Meisterwerke vorgetragen hören.“ Immer fielen auswärtigen Besuchern die stark besetzten Orchester an Vergnügungsorten besonders auf. 1828[2] bereits macht man in Berlin den Vorschlag, auch solche Konzerte „mit ganzem Orchester“, wie sie in Dresden im Linckeschen Bade, im Großen Garten und auf der Brühlschen Terrasse so vorzüglich zu finden sind, einzuführen. Eigentümlich war dabei, daß man ganze Sinfonien in den Gartenkonzerten aufführte, weshalb allerdings die Sinfonie, wie Moritz Hauptmann schreibt[3], dem eigentlichen Konzertsaale länger vorenthalten blieb. „Auch gelangte sie dort (im Garten) zu so tüchtiger Aufführung, als man sie sonst unter freiem Himmel wohl selten hören wird.“ Daß man dafür im Saale wenig Sinfonien hörte, ist aber wohl ein zu schroffes Urteil, denn schon in den zwanziger Jahren spielen die Militärkapellen und das Stadtmusikkorps (Zillmann) jede Woche wenigstens eine Sinfonie (ältere von Haydn, Mozart, Beethoven, neuere von Weber, Romberg, Kalliwoda, Spohr) in Creutzens Kaffeehaus am Altmarkt oder in der Großen Wirtschaft im Großen Garten[4]. Andere Lokale waren Findlaters Weinberg (heutiges Albrechtsschloß), Italienisches Dörfchen und die Brauerei-Restaurationen, eine ziemlich große Anzahl, so daß z. B. das Stadtmusikkorps Sommer und Winter fast täglich an einem anderen Orte beschäftigt war. Stadtmusikkorps, also „Städtische Kapelle“", dieser Begriff will dem heutigen Dresdner zunächst sehr befremdlich erscheinen; denn er kennt kein Stadtorchester mehr. Und doch hat es bis Ende 1872 tatsächlich neben dem Kgl. Orchester ein solches gegeben. Da bis jetzt außer der Liste der Stadtmusici („Dresdner Anzeiger“, Sonntagsbeilage, Jahrgang 1905, von Joh. Techritz zusammengestellt) nichts weiter erschienen, so verfolgten wir in kurzem Abriß die Geschichte der Stadtkapelle, bringen denselben aber, da er uns zu weit vom Hauptthema abbringt, in einer besonderen Veröffentlichung in den Dresdener Geschichtsblättern 1918.

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bringt fast in allen größeren Städten die Einrichtung von Abonnementkonzerten. Dresden besaß in seiner Hofkapelle eins der ersten Orchester der Welt, und doch bekam es


  1. Wendt, Über den gegenwärtigen Zustand der Musik in Deutschland 1836.
  2. A. M. Z. 1828 S. 480 ff.
  3. Moritz Hauptmanns Brief an Schiffner in Dresden, 6. Dezember 1843 (N. Z. f. M. 1900 S. 154).
  4. Vgl. Ankündigungen im Dresdner Anzeiger.