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wörtlich[1]: „Meine gegründete Angst und Besorgnis, da die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit meiner rechten Hand, deren Gelenke ohnedies schwächlich ist und fortwährend zittert, durch Handhabung auch des leichtesten Säbels gefährdet, und ich dadurch sowohl für die mir obliegenden allgemeinen Pflichten als königlicher Kapellmeister, welche keineswegs auf marschiermäßiges Taktieren allein, sondern hauptsächlich auf fertigem Partiturspiel beim Einstudieren der Opern usw. – – –, als Solospieler, als Akkompagnateur bei Konzerten und als Klavierlehrer bald gänzlich untauglich gemacht werden könne, diktiert mir dieses dritte Gesuch“, wobei er auf ein amtliches Reskript hinweist, nach welchem diejenigen Mitglieder der königlichen Kapelle freizusprechen sind, welche nachzuweisen vermögen, daß sich der Kommunalgardendienst nicht mit der Fähigkeit zum Spielen ihres Instruments vertrage, „indem ich mehr als irgend ein Virtuos auf dem Blasinstrumente dieses behaupten und beweisen kann.“

Unterschrieben ist es: „C. G. Reissiger, Gardist der 15. Kompagnie 5. Batl.“

Prof. Dr. Haase, ein damals bekannter Dresdner Arzt, hatte das Gesuch mit einem Zeugnis unterstützt, wonach die „Schwäche der oberen Extremitäten auf einen in der Kindheit erlittenen Schlüsselbeinbruch zurückgeführt wird ¹). Es erfolgte nun lange Zeit keine Entschließung. An einem Tage, an welchem Reissiger die Kirchenmusik zu leiten hatte und außerdem abends eine Oberonaufführung, entschuldigte er sich, daß er nicht zu den Exerzierübungen kommen könne, wofür ihn aber der Hauptmann bestrafen wollte. Auf seine Entschuldigung antwortete derselbe, wie Reissiger selbst berichtet, daß er mich nicht dispensieren könne, „daß er mich zum Nachexerzieren kommandieren werde und, im Fall ich auch da nicht erschiene (was wiederum leicht möglich ist, da meine beiden Kollegen verreist sind und ich sämtlichen Dienst allein zu versehen habe), stünde mir Zitation vor der Kompagnie (welche Entehrung und Demütigung für einen redlichen Diener, der nur seiner Pflicht getreu nachzukommen sucht und sich nie etwas zuschulden kommen ließ) und Geldstrafe bevor.“ Dies schrieb Reissiger in einer Beschwerde an den Prinzen Johann und fährt dann mit folgenden Worten fort, die für das Standesbewußtsein eines damaligen Kapellmeisters erfreuliches Zeugnis sind: „entweder will oder mag der Hauptmann nicht einsehen, daß meine Pflichten als Kapellmeister dem Dienst der Kommunalgarde vorgehen. Es ist das empörendste und zugleich demütigendste Gefühl, mich der Willkür von Personen bloßgestellt zu sehen, die weder die Wichtigkeit des Amtes, das ich durch die Gnade Sr. Maj. des Königs zu verwalten habe, ermessen, und meine Pflichten und meine Verantwortlichkeit kennen, noch einen Begriff von der Kunst haben, und so habe ich denn, nachdem ich seit Jahren dergleichen Kränkungen, Ärgernisse und Kollisionen erduldet, die mir meine Ruhe und Heiterkeit rauben, mein Lebensglück trüben, meine Kräfte und meinen Kunsteifer schwächen, und mit ihm meinen Ruf als Kapellmeister zu untergraben drohen usw. usw.“

Die Entlassung wurde Reissiger denn nach vielem Hin und Her gewährt. Bemerkenswert ist noch die Erwähnung Morlacchis in einem Schreiben


  1. Akten im Ratsarchiv zu Dresden (C XXII 85 e).