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Psalmvers richtig und gleichmäßig auf einen vorgeschriebenen Ton absingt und einen alten Schluß formiert usw. – wie verschieden sind die Versschlüsse. Wie lange müssen die hiesigen Kapellsänger eingesetzt werden, ehe sie fest darin werden, geschweige unsere Stadt- und Dorfjugend.“

Bekanntlich wollte Bunsen ca. 10 Jahre später auch Otto Nicolai (den Komponisten der Lustigen Weiber), als dieser ebenfalls auf Staatskosten nach Rom geschickt worden war, für seine Ideen begeistern, aber fand auch bei ihm wenig Anklang.

Wir lesen dann: „Meine Oper fange ich an, reiflicher zu überdenken und einzelne Sachen, die mir die schwersten scheinen, in Ton zu modellieren, dann kommt der Gips und zulezt der Marmor. Zu den schwersten Sachen gehört eine Arie des Bösewichts (die ich in der Skizze schon fertig habe und mich weidlich daran ergötze, dann das zweite Finale und zuletzt das dritte Finale, in welchem ich mich sehr tapfer halten muß. Das letzte mache ich jetzt, denn sonst ermüde ich. Wenn ich nach Deutschland zurückkomme, werde ich wohl anfangen können, sie zu instrumentieren. Das Ganze ist eine große Arbeit, und ich werde meine ganze Kraft aufbieten müssen, um sie zu überwinden.

Denken Sie sich, das Mädchen, für welche ich die „Geheimen Schmerzen“ in Wien schrieb, Mamsell Unger[1], kam vorige Woche hier durch, um nach Neapel zu gehen. Wir freuten uns gar sehr, uns nach vier Jahren in Rom wiederzusehen und über das alte Wien sprechen zu können! – Benedict, der Schüler von Weber, hier Signor Benedetto getauft, reiste mit der Unger und der Tänzerin Brugnoli zu meinem Erstauen nach Neapel. Ich erkundigte mich sogleich, wie dieses Wunder zusammenhinge, und erfuhr, daß er dem Barbaja, der ihn durchaus nicht haben wollte, weil er eine Menge Maëstros und Kapellmeister zu ernähren hat, die besten Worte gegeben hat, ihn doch mitzunehmen, und daß er sich endlich erboten hat, wenn er ihn Kapellmeister nennen wollte, ihm als Repetitor ganz gratis zu dienen, um nur Italien zu sehen und einen Titel zu haben. – Je nun, der Mensch hat Geld und ist Kapellmeister! Auch bedroht er die Welt mit einer Oper, von welcher ich mir aber nichts verspreche, denn er ist ein Leichtfuß und jetzt schon gänzlicher Rossinianer. Ich habe ihn als ehrlicher Freund gebeten, der deutschen Schule und der Theorie von Maria von Weber treu zu bleiben.

Sie wollen etwas von der Vera wissen. Sie ist eine Sängerin der echten, guten, gediegenen Manier. Von Rossiniaden hat sie nichts studiert, da ihr Theaterjahr vor Rossinis Zeit war, hat auch nachher nichts angenommen, sondern singt die Kompositionen alter italienischer Meister mit Ausdruck und im großen deklamatorischen Stil. Ihre Stimme ist in den oberen Tönen schon sehr scharf, und man merkt an ihrer Anstrengung und dem eckigen Wesen, daß sie seit langer Zeit nicht mehr studiert, sondern nur hin und wieder den alten Triumphwagen vorführt.“

Am 14. Mai 1825 schreibt Reissiger aus Rom: „Daß mir mein hiesiger Aufenthalt von großem Nutzen als wissenschaftlicher Musiker ist, werden Sie aus dem Ende April an Herrn Weiß abgeschickten Briefe ersehen haben, Jetzt bin ich nun entschlossen, da mir das hiesige Klima sehr gefährlich,


  1. Vgl. S. 12.