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auteur et éditeur de musique à Paris, zu schicken, der es nachstechen wird, da er mein zweites gekauft hat und sich wegen des dritten, welches ich hier geschrieben, vielleicht noch arrangieren wird. Kalkbrenner[1] ist jetzt hier, wir haben uns liebgewonnen und sind viel zusammen.“

Am 26. Januar verließ Reissiger die Seinestadt, nicht ohne vorher seinen Freunden in Berlin noch einmal von sich Bericht erstattet zu haben; „Ich benutze die wenigen Augenblicke, die ich vor meiner morgen stattfindenden Abreise meinen vielen Abschiedsvisiten und Paßgängen abgewinnen kann, um Sie noch von der Art meines Weggehens zu unterrichten. Mein Aufenthalt war für mich sehr lehrreich und würde einträglich geworden sein, denn ich hätte jetzt eben durch die Gräfin Merlin usw. sehr bedeutende Lektionen oder vielmehr einträgliche Lektionen in bedeutenden Häusern bekommen. Mit dem Verleger Farrenc habe ich für 800 Franks Geschäfte gemacht. Ohne dies wäre ich nicht imstande gewesen, weiter zu reisen. Er bedauert, daß ich schon jetzt weggehe und hat bei mir noch ein Quintett, ein Quartett, ein Trio und eine Sonat mit Violine bestellt, wofür ich gleich Geld bekomme[WS 1], wenn ich ihm das Manuskript einschicke. Für Schlesinger habe ich einige Kleinigkeiten geschrieben und dann und wann eine Korrektur übernommen. Er wird mich sehr vermissen. Mein hiesiger Aufenthalt hat mich 1330 Franks gekostet, und ich habe noch 300 Franks bar in der Tasche, gedenke also erst in Turin das erste Reisegeld zu heben.

Es war für mich sehr nötig, etwas zu verdienen, wie hätte ich sonst nach Italien kommen können? Sollte mir wohl der Minister die sicheren Hoffnungen ersetzen können, welche sich mir in Paris darboten? Sollte er mir gute Aussichten für Paris zeigen? In Paris kann ein fleißiger Musiker sein Brot spielend verdienen. Man bekommt 10 bis 15 Franks für die Lektion, und mit Kompositionen kann man sich einen Sparpfennig zurücklegen. Wenn ich Paris gekannt hätte, so hätte ich das Ding angegriffen. Aber die kgl. Mittel waren allerdings der Hebel, durch den ich hierher kam. – Es durchkreuzen sich bei mir die Sorgen mit den Hoffnungen des Lebens! Ich bedauere, daß ich jetzt fortgehen soll, wo ein jeder zuredet, zu bleiben und hier mein Glück zu machen, wo es mir anfängt zu blühen. Da ich mich aber zur Abreise entschlossen habe, so vertraue ich fest auf die Hilfe des Ministers. Er hat mir einen recht artigen Brief geschrieben, in welchem er sich recht zufrieden zeigt, allein von 200 Taler Reisegeldern steht nichts drin! Er entschuldigt sich, daß er mir noch keine ganz feste Zusicherung geben kann, glaubt aber, mir Hoffnungen machen zu können usw.

Nur mit der größten Not und Mühe habe ich seine Forderung befriedigen können, ihm eine ganz ausführliche Beschreibung des Conservatoire einzusenden. Gestern ist der detaillierteste Bericht an die Gesandtschaft abgegeben worden[2]. Über meine künftige Anstellung hätte gern mehr Licht und muß mich ihm gänzlich in die Arme werfen. – Sie sehen, wie unruhig mich meine Abreise macht, hinsichtlich meiner Zukunft, da man mir hier die lachendsten Aussichten zeigt und dort gar keine.“


  1. 1788 – 1849 Pianist und Komponist, berühmte Lehrmethode des Klavierspiels.
  2. Dieser, sowie alle ferneren, fesselnden Berichte über Konservatorien (z. B. Mailand) wird für eine zu schreibende Geschichte des Musikschulwesens zu berücksichtigen sein (Reissiger-Akten im Kgl. Geh. Staatsarchiv Berlin, Repositur 76 VIII Sect. I 72, einzusehen).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: kekomme