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Meine Eltern sind sehr betrübt, da mein ältester Bruder Carl (d. h. von den zwei jüngeren Brüdern der ältere) noch immer krank ist, indem er an Geisteszerrüttung leidet. Sie können sich denken, wie diese Krankheit meine armen Eltern ängstigt. Ihre beschränkten Mittel erlauben ihnen kaum, ihn im großen Krankenhaus in Brandenburg zu erhalten. Möchte ich nur bald etwas über seine Genesung hören! Wie gern möchte ich meine Eltern unterstützen! Wenigstens wünschte ich, ihnen 50 Taler zu geben, und ich bitte Sie, meinen Eltern 50 Taler auszahlen zu lassen. Mein drittes Trio wird mir wohl wieder etwas eintragen. Auch sind wohl noch andere Sachen bald fertig, die in Deutschland etwas eintragen!“

In dem nun folgenden Briefe vernehmen wir zunächst von seiner abermaligen Erkrankung. Ein schmerzhaftes Leiden am Arm hatte ihn heimgesucht. Alsdann lesen wir weiter: „Sie haben mich in dem Briefe an Herrn Weise ein wenig gehänselt in betreff des Ministers und das ist brav, denn ich brauche immer solche Erinnerungen – fragen Sie nur Ihre liebe Frau, wie oft sie mich an meine notwendigen Visiten und Geschäfte zu erinnern die Güte gehabt. – Aber Sie kommen nur zu spät, denn ich habe schon ein stocklanges Schreiben abgehen lassen, worin ich mir viel Mühe gegeben habe, hinsichtlich der kirchlichen Sachen den Minister auf Rom vertröstet habe, denn hier weiß man gar nicht, was eine Kirche ist, noch weniger was Kirchenmusik. Nur in der Hofkapelle schreit der Franzose einmal eine Messe herunter. Ha! Ha! Ha! Es ist hier noch schlechter bestellt als im katholischen Deutschland, hier könnte man unsere Missa comica schon aufführen, ohne ausgelacht zu werden – ich habe mich wenigstens bald tot gelacht über die Aussprache des Lateinischen in der Kirchenmusik – Osanna eng eselsi – Dona nobi pasang. – Oh, wenn werden wir wieder unser lex tibi, ars mihi singen? – Doch, um nicht auf Abwege zu kommen, hoffe ich, daß der Minister mit meinem Bericht über den Zustand der Musik in Frankreich und einiger musikalischer Anstalten zufrieden sein wird, für das, was er eigentlich wollen mag (ich glaube, er will mich zum obersten Choralsänger zum Professor der aufgeschriebenen Anfangsgründe für den Kontrapunkt und zum Inspektor aller bestäubten Partituren und Schwarten, nur nicht Schweineschwarten, denn sonst würde ich den Juden verdächtig, machen), habe ich nach Kräften gesorgt, denn ich habe ein bißchen geschimpft und das Meiste verschwiegen. Eins ist mir nur unbegreiflich: was der Minister gedacht haben mag, wie er mir 500 Taler gab zu einer Reise von Paris nach Italien?, hat er sie bloß zum Verreisen gegeben, nun, so geht es an, und dann kann man nicht davon leben, sondern hungern, und dann schreibt und denkt sich’s nicht gut, hat er sie mir bloß zum Sehen und Hören gegeben, nun, dann ist’s auch gut, aber dann fällt das Reisen weg; eins muß wegfallen, denn entweder gehen die 500  Taler in Reisen auf oder im Leben, und meine Rechnung stimmt jetzt à – 500, das heißt, mit einmal 500 macht man Schulden!
     à -500,

Nun eine andere Materie, bester Freund! Nachdem ich Ihnen nur noch nachhole, daß ich den Herrn Minister um Zulage gebeten habe und überhaupt um etwas Näheres, das heißt um beständiges tägliches Brot, Suppe, Fleisch, Braten und Wein, hi, hi! nicht etwa, als wenn mir es unlieb wäre, daß Ihnen Herr Weiße sub sigillo der Verschwiegenheit meinem olim,