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denn wohl die Ungewißheit meines Schicksals viel beiträgt. Den zweiten Akt meiner Oper habe ich verkürzt. Und ich hoffe, es wird dadurch der Effekt vergrößert. Heute sollte sie gegeben werden, aber nun ist die Sandrini krank und ich abandonato! Schrecklich, daß ich nun bis über acht Tage warten muß.

Die Veltheim habe ich gestern gehört und bewundert, die Stimme sowie ihre Manier erinnert an die Seidler, aber alles im verjüngten Maßstab. Die Funk hat eine mächtige, hinreißende Stimme in der Kehle, aber sie kann durchaus nicht rein singen, bald ist sie zu hoch, bald zu tief. Die Sandrini hat als Julia in der Vestalin das Möglichste geleistet, und wenn sie verhältnismäßig so als Dido aushält, so kann ich zufrieden sein, denn sie singt rein und spielt gut. – Ich kann mir wohl denken, daß Sie mich wegen meiner Reise hierher tadeln, allein, was hilft’s? Ich möchte mir selber Ohrfeigen geben, es ist nun einmal geschehen und da muß ich aushalten, denn sonst hätte ich die ganze Reise umsonst gemacht. An Vergnügen fehlt es indes nicht, und die herrlichen Empfehlungen des Herrn Appell-Rat Körner und auch des lieben Hellwig[1] haben viel beigetragen. Die Bekanntschaft der hiesigen Dichter hat mir viel Freude gemacht. Theodor Hell ist vorzüglich freundschaftlich gegen mich; Gehe hat mir halb und halb ein Opernbuch versprochen, doch ist darauf nicht zu bauen und ich habe daher an Hofrat Georg Döring nach Frankfurt a. M. geschrieben, den Spohr empfohlen hat. Die Herren Richard Roos, Kind und Fr. Laun treffe ich stets auf der Harmonie. Gestern führte mich die Tarnow zur Frl. Winkel, einer ausgezeichneten Künstlerin, sowohl in Musik als Malerin. Nun die Bekanntschaft hat mir Freude gemacht! Aber denken Sie sich, was einem zugemutet wird. Von ½7 Uhr bis ¾10 Uhr hat sie Harfe gespielt, acht verschiedene Pièçen, und das alles wurde bei einer Tasse Tee abgemacht! Weber hat mir aufgetragen, Sie zu grüßen, ebenso empfiehlt sich Ihnen mein lieber Fürstenau.“

Mochte es der junge Komponist auch bedauert haben, nur um seiner Oper willen, die ihn so auf sich warten ließ, die Reise nach Dresden unternommen zu haben, so hatte er trotz mancher Widerwärtigkeiten doch einen Vorteil mit seiner Oper errungen, die Gunst des Königs Friedrich August I., welcher ein großer Musikfreund war und besonders die italienische Oper bevorzugte. Reissiger selbst schreibt es in einem Briefe und auch bei R. Wagner (Ges. Schriften) ist zu lesen: „Reissigers Dido abandonata gewann dem Komponisten die Gunst eines sächsischen Monarchen.“ Dieses Moment ist beachtlich, denn wenn Reissiger später (1826) Leiter der deutschen Oper in Dresden wurde, so hatte er, der ja deutscher Komponist war und mit Dido nur einen kleinen Abstecher gemacht hatte, gerade durch diese kleine Abschweifung die persönliche Gunst des Königs gewonnen, welche er dann für die Ausbreitung der deutschen Oper ausnutzen konnte. Weber stand einst dieses Moment der persönlichen Zuneigung leider nicht zur Verfügung. Vorläufig eröffnete sich ihm jetzt eine Aussicht, die er nicht ahnen, die ihn aber in seinen Plänen schwankend machen konnte. Lassen wir ihn selbst erzählen:


  1. Regisseur, Sänger und Schauspieler in Dresden, schrieb die Musik zu Theodor Körners „Bergknappen“ 1827.