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werden, später zartere Bande entstanden, machte Reissiger in diesem Hause noch andere für sein Leben sehr nützliche Bekanntschaften. So mancher Name, den wir auf Kompositionen finden, gehört Trägern aus dieser Berliner Zeit an, die ihm mit Förderung zur Seite standen, und die er durch solche Aufmerksamkeit ehren wollte. Stobwasser führte ihn in die Kreise der Singakademie ein, und der junge Sänger, Pianist und Komponist war schnell ein überall geschätzter Gast. Zu seinem aufrichtigen Freunde wurde

ihm neben Stobwasser der Geh. Oberregierungsrat Chr. Gottfried Körner, der Vater Theodor Körners, welcher 1817 in das neugebildete erste preußische Kultusministerium unter Altenstein eingetreten war und daher von Dresden nach Berlin übergesiedelt war. Schon in Dresden hatte Körner sich in musikalisch künstlerischer Weise hervorragend betätigt. Hatte er doch in seinem Hause einen wöchentlichen „Musikalischen Zirkel“[1] eingerichtet, in welchem größere Werke der Tonkunst, z. B. Mozarts Don Juan und Requiem, geübt und aufgeführt wurden und aus welchem dann im Jahre 1807 die noch heute bestehende Dreyßigsche Singakademie hervorging, mit Körner als Mitbegründer[2]. Von den Künstlern, die Körner in Dresden in seinem Hause versammelte, sei nur der italienische Opernkomponist Paër genannt. Er war 1802 als Nachfolger Naumanns zum Hofkapellmeister in Dresden ernannt worden. 1806 folgte er Napoleon I. nach Warschau und Paris. Nach seiner Übersiedelung nach Berlin wurde Körner Mitglied, später Ehrenmitglied, der Berliner Singakademie (Zelter), welcher alle namhaften Musiker und vornehmen Dilettanten angehörten, und auch der „jüngeren Liedertafel“ (Reichardt, A. W. Bach). Für den Komponisten B. Klein, den wir noch später erwähnen werden, verfaßte Körner in Berlin den Text zu dessen Oratorium „David“. Im Kultusministerium hatte er Kunst und Wissenschaft zu vertreten, und, um sich vielleicht über den Verlust seines Heldensohnes Theodor zu trösten oder sonst aus edlem Sinn, hatte er sich zur Aufgabe gemacht, junge versprechende Talente wirksam zu fördern, wobei ihm der Einfluß seines Amtes zustatten kam. Reissiger konnte sich freuen, einen solchen Protektor gefunden zu haben, nachdem ihm schon Schicht so wertvolle Dienste geleistet hatte. Der als erster Kultusminister von Preußen bekannte Freiherr von Altenstein (1817 – 37) sowie der musikalisch sowohl praktisch als wissenschaftlich tätige General Witzleben, ein Freund und Verehrer Spontinis, wurden neben Körner ebenfalls wohlwollende Freunde Reissigers. Auch das Berliner Publikum gewann sich Reissiger durch seine Kompositionen, die jetzt immer zahlreicher wurden (Liedersammlungen und Klaviersachen), aber ebenso auch durch öffentliches Auftreten. Wir lesen[3]: „Das letzte Konzert des Jahres gab Herr Joseph Fischer[4]. Er sang eine für ihn von Herrn Reissiger neukomponierte Szene und Arie, mit seiner Pflegetochter Anna ein Duett aus Rossinis Gazza ladra und mit ihr und Herrn Reissiger, einem kräftigen und angenehmen Bariton, das Terzett aus derselben Oper.“ In diesem Konzert war auch der König Friedrich Wilhelm III., der selbst auch komponierte, anwesend.


  1. A. M. Z. April 1807 bezeichnet denselben als „Körnersche Singanstalt“.
  2. Vgl. O. Schmid, Geschichte der Dreyßigschen Singakademie 1807 – 1907 (Dresden 1907).
  3. A. M. Z. 1824 S. 21.
  4. Seinerzeit berühmter Bassist.