Seite:Heft22VereinGeschichteDresden1912.pdf/82

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mittelalters zu zählen. Dazu kommt, daß sich die Verbindung zwischen Herrengut und Dorf im allgemeinen gelockert zu haben scheint, daß also auch hier die alte Stellung der Allode Einbuße erlitten hat. Fremdartig berührt es, wenn zu Ausgang des Mittelalters Fronden von Rähnitz nach Döhlen geleistet werden müssen und Dienste von Coschütz nach Pegenau, wenn Dorf und Herrengut so völlig auseinandergekommen sind wie zu Mockritz und andren Orten. Die Einheitlichkeit, welche zugleich die Wirtschaftlichkeit verbürgt, scheint hier völlig verloren.

Hierin macht sich seit dem 16. Jahrhundert eine rückläufige Bewegung geltend. An die Stelle der einfachen Vorwerkswirtschaften sucht man herrschaftliche Wirtschaften größerer Art zu setzen. Das Bestreben, sowohl die Zahl der Arbeitskräfte wie den Flurumfang der alten Allode zu erweitern, macht sich dort, wo diese in Herrenhand sind, geltend. Nöthnitz, Pesterwitz, Roßthal sind Beispiele aus dem altsorbischen Gebiet, Cunnersdorf ist ein Beispiel aus dem unmittelbar anstoßenden Gelände. Bauerngüter werden ausgekauft und mit dem Allod vereinigt, auf dem herrschaftlichen Grund und Boden werden Arbeiter in Dresch- oder Frohnhäuschen[1] angesiedelt. So bilden sich ertragsreiche Rittergüter, die zum Teil heute noch in der Dresdner Pflege bestehen, in ihnen gehen die Allode des Mittelalters, soweit sie sich überhaupt erhalten haben, auf. Ein anderes Schicksal aber ist den bäuerlichen Lehngütern beschieden. Die bäuerlichen Lehnverhältnisse wurden schon im 14. Jahrhundert als altertümlich empfunden, sie führten, wie das Beispiel von Torna zeigt, zum Zwist und zur Umgestaltung der Leistungen. Während die Allode auch nach Verlust ihrer Bedeutung als wahrhaft ritterliche Güter innerhalb der Verfassung der Landschaft ihre Stellung behaupteten, führte ein ähnlicher Entwicklungsgang die bäuerlichen Lehngüter im altsorbischen Gebiet zum Aussterben.

Das Lehnsrecht des „Feodalen“ zu Coschütz erlischt, ohne daß wir sagen können, wie dies vor sich gegangen ist; dagegen sind wir durch Gerichtsbücher des 16. Jahrhunderts über das Erlöschen der Lehngüter zu Rippien, Golberode und Kolzscha, der letzten in der Dresdener Pflege, ziemlich genau unterrichtet. Alle drei


  1. Siehe Anhang unter Kolzscha und Nöthnitz.