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Kauscha, seien in der Frühzeit an deutsche Krieger gelangt und die zu Fronden, zur Leistung des Wachgetreides und anderer Abgaben gezwungenen Bewohner des sorbischen Dorfes seien in die Hörigkeit dieser kleinen Herrengutsbesitzer gestellt worden, ein großer Teil der Flur sei ihnen im 10. Jahrhundert abgenommen und dem deutschen Herrn gegeben worden. Diese Auffassung, die sich zugleich mit der Vorstellung einer Hinabdrückung des ganzen Volkes in knechtische Hörigkeit verknüpft, ist unhaltbar: die Herrengüter sind in ihrem Kerne gewiß nicht zur Zeit der deutschen Kolonisation, sie sind nicht zur Zeit Wiprechts von Groitzsch oder zur Zeit der ersten kirchlichen Erwerbungen gebildet worden, sie reichen – ob in allen Flureinzelheiten oder ob im großen und ganzen, bleibe noch unberührt – zurück in eine Zeit, in welcher noch kein deutscher Kleinbesitz im Lande war. Und es will wahrscheinlich dünken und läßt sich durch urkundliche Zeugnisse über die Stellung der sorbischen Bauern belegen, daß die Scheidung zwischen Herrenflur und Bauernflur schon zur Sorbenzeit bestanden hat. Mag das rechtliche Verhältnis zwischen den Bauern und dem Herrenstand des Volkes gewesen sein, welches es wolle: die Voraussetzung eines selbständigen Arbeitsgebiets und Flurteils muß für die Bauern angenommen werden, wenn die Bezeichnung liberi, hospites, gasti einen Sinn haben, wenn die Vergleichung mit den Zuständen in den slawischen Nachbarländern irgendwie möglich sein soll. Ob überall die Flur der späteren Vorwerke den alten Alloden des 11. Jahrhunderts entsprochen hat, ob mithin die Bauernflur als Ganzes in der Bauernflur der späteren Zeit wiederzufinden ist, das muß dahingestellt bleiben; rechtlich müssen, so wie Herr und Bauer, so auch Herren- und Bauernflur in der sorbischen Zeit bereits vorhanden gewesen sein. In der Darlegung über die Wachgetreideleistung dürfte ein neuer Anhalt hierfür wie für die Würdigung der Stellung der sorbischen Bauern geboten sein.


2. Die bäuerlichen Lehngüter.


Die Zeit des 10. Jahrhunderts war nicht dazu angetan, um den Grundbesitz in Nisan bis ins Kleinste umbilden zu lassen; die deutsche Herrschaft begnügte sich mit der Einziehung größerer Besitzungen. Noch zu Ende des 10. Jahrhunderts stand den