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spät erst siedelten sich die Kirche und einzelne Deutsche auf geschenkten Höfen im Dalaminzierlande an.

Soweit sich feststellen läßt, war der Herrenbesitz in Nisan ursprünglich auch nicht an die einzelne Siedlung, an das einzelne Dorf gebunden, vielmehr trat er in Formen auf, in denen mehrere, ja viele Dörfer einem Herrn gehörten[1]. Der Besitz entsprach räumlich dem, was im deutschen Volksland als Allodialbesitz, als herrschaftliches Eigengut bezeichnet wurde. Diese anscheinende Übereinstimmung in Verbindung mit dem Umstand, daß in einzelnen Fällen der Besitz durch den König wirklich gefreit wurde[2], führte dazu, daß der sorbische Herrenbesitz beim Übergang in deutsche Verhältnisse als Allodialgut bezeichnet wurde, obwohl er in Wirklichkeit in seiner späteren Entwicklung nur Lehngut war.

Der alte Begriff, der sich mit dem Allod verbindet, tritt in den Marken auch in einzelnen Fällen darin zu Tage, daß allodium als der weitere Begriff (der Begriff einer ganzen Herrschaft) dem engeren Begriff des Einzelbesitzes einer villa gegenübergestellt wird. Villam quondam nostri allodii heißt es z. B.1130[3]. Von kleinerem Herrenbesitz ist noch bei Thietmar in der Mark nicht die Rede, nicht an einer einzigen Stelle erwähnt Thietmar, daß für eine tapfere Waffentat etwa ein kleineres Lehen vom König verliehen worden sei. Dagegen erscheint zu seiner Zeit bereits eine größere Grundherrschaft in der Nähe von Meißen in deutschem Besitz: Strehla gehört dem späteren Markgraf Ekkehard. Der ganze Gang der Entwicklung ist offenbar der angedeutete: zuerst geht der Großbesitz, spät erst der einzelne Kleinbesitz in deutsche Hand über.

Werden wir darnach vor die Frage gestellt, ob die Bildung der Allode in der Form, in welcher sie vorliegen, sich beim Übergang der Allode in deutsche Hände vollzogen habe, oder ob sie schon vor diesem Übergange, also in altsorbischer Zeit vorhanden gewesen seien, so können wir aus der gesamten Überlieferung nur die Überzeugung gewinnen, daß die Allode ihrer rechtlichen Wurzel nach schon in älterer Zeit bestanden haben müssen. Zur


  1. Auch der bekannte Bor-Vertrag von 1071 zeigt dies.
  2. Vgl. Cod. I, 1, S. 22, 31, 37, 61, ferner Cod. I, 1, S. 96.
  3. Cod. I, 2, 82.