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der Burgwardzeit, d. h. der Frühzeit deutscher Herrschaft, angehören.

Vor allem ist das Wachgetreide in Nisan eng mit dem Burggrafentum, mit der Burggrafschaftsverfassung, die zeitlich mindestens mit dem Ausgang der Burgwardszeit zusammenfällt, verknüpft. Diese Tatsache ist wiederholt festgestellt worden. Durchaus erweckt das Wachgetreide den Eindruck, daß es eine Art öffentlicher Leistung gewesen sei, eine Steuer, welche auch den Zinsenden in einer freieren Stellung erscheinen läßt. Nicht rechtlose Hofhörige, sondern Bauern in selbständiger Stellung leisten diesen Zins. Dies deckt sich mit Ermittelungen, welche für verschiedene benachbarte Landschaften über die Stellung der slawischen Bauern in der älteren Zeit gewonnen worden sind[1]. Die slawischen Bauern, die Smurden, erscheinen darnach zwar als Hintersassen ohne freie Verfügung über den Boden, aber als liberi, als persönlich Freie, als hospites oder gasti, welche den Boden zwar in Pacht bearbeiten, aber nicht an ihn gefesselt sind. Das Wachgetreide kann ursprünglich eine persönliche Steuer, es muß keine Grundsteuer gewesen sein.

Diese Stellung der sorbischen Hintersassen führt nun unmittelbar zu der Frage, wie in alter Zeit wohl das Verhältnis des Herrengutes zu dem bäuerlichen Land, zu der Flur der Smurden gewesen sein mag, zu der Frage der Entstehung der Allode oder Vorwerke des Mittelalters in der Dresdner Pflege.

Bevor diese Frage erörtert wird, sei noch kurz die Zahl der Allode berührt.

Alte Allode lassen sich innerhalb des Gebiets des Dezems des Dekans außer zu Coschütz nachweisen zu Roßthal, Pesterwitz,


  1. Siehe für Böhmen Palacky, 2. Band, 1. Abteilung S. 31, 32 und 2. Abteilung S. 30. – J. Peisker, Die Knechtschaft in Böhmen, 1890. – Für die Landschaft an der Unterelbe vgl. F. Winter, Die Germanisierung und Christianisierung des Gaues Morzane (Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, V, S. 226). – „Nach dem Wendenrecht waren nur die Höfe Eigentum der Dorfbewohner, nicht die Hufen. Diese hatten sie vielmehr von dem Grundherrn nur gegen einen Pachtzins inne.“ Im Orlagau spricht eine Urkunde von „smurdis vel liberis“ (Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins von Lacomblet I, Nr. 192 zum Jahre 1057). – Über gasti siehe Schulze, S. 182, 183, 187, Kötzschke, S. 14, Knothe, S. 1 ff.