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veräußert worden ist, so ist es erklärlich, daß sich in geschichtlicher Zeit nur an wenigen Orten die Wachgetreidepflicht noch nachweisen läßt.

1329 wird noch das „Wachkorn“ zu Gohlis bei Stetzsch genannt, 1445 ist nirgend mehr die Rede davon; 1445 wird das Wachgetreide zu Döhlen, Gruna und anderen Orten genannt, 1547 ist es verschwunden. In unmittelbarer Nähe des Gebietes des Dezems des Dekans finden wir aber ein vortreffliches Beispiel für das Vorkommen des Wachgetreides in der Siedlung Kauscha bei Leubnitz. Kauscha ist aus verschiedenen Gründen geeignet, als Beispiel altsorbischer Siedlungsgestaltung zu dienen. Die Festigkeit der Flurverhältnisse bis zum Ausgang des Mittelalters zurück läßt sich urkundlich belegen, aus dem Mittelalter selbst sind uns Nachrichten über das Herrengut[1] und den Ort erhalten, welche Licht auf seine alte Einteilung werfen, und endlich ist die Gegend von Kauscha wie kaum eine andere durch vorgeschichtliche Funde als Sitz regsamer Siedlung schon zur sorbischen und vorsorbischen Zeit erwiesen. Die Gunst der Lage am Gebergrund und die Güte des Bodens mögen frühzeitig dazu beigetragen haben, daß hier ein stattlicher Besitz sich bildete. In Skelettgräbern der benachbarten Nickerner Flur[2] kamen die Prunkstücke silberner mit Gold ausgelegter Gewandnadeln und anderer Gegenstände zum Vorschein, welche als Überreste der Merowingerzeit in der Königlichen prähistorischen Sammlung zu Dresden aufbewahrt werden, in geringer Entfernung von Kauscha liegt der Burgwall von Lockwitz, und auch die frühchristliche Zeit ist in dieser Gegend durch mehrere Reste zu Sobrigau vertreten, welche einen frühzeitigen, reichen Anbau der Landschaft bezeugen.

Die Dorfanlage von Kauscha besteht aus zwei Teilen, einem Rundling und einem Doppelgehöft „in alio Cudescowe“. Der Rundling hieß früher Großkauscha, der Doppelhof Kleinkauscha[3]. Der zweite Teil (Kleinkauscha) ist ein durch den Gebergrund völlig gesonderter Ort, der nur seiner geringen Flur wegen vielleicht den


  1. Schulze, S. 374.– Über den geteilten Zustand der Flur 1288 siehe Cod. II, 4, 18.
  2. Siehe Anhang unter Nickern.
  3. Cod. II, 4, 18 (1288).