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eine stehende Klage des Prokuraturamts wie andrer Ämter. Berühmt waren die Dörfer „über der Heide“ wegen ihrer mannigfachen Prellereien[1]; ärmer als die Bauern der Elbdörfer, waren ihre Bewohner bewandert in den Künsten, wie man frisch gestohlenes Holz mit Jauche alt färbt, wie man den Weinbergsbesitzern wertlose Waldstreu als guten Dünger verkauft, wie man das Amt betrügt – häufig lief es allerdings schlimm aus wie z. B. 1625 ein Handel zu Lindenau[2].

Trotz der größten Einfachheit in der Lebensweise konnte der Bauer oft kaum das Nötigste erschwingen – es war nicht zu verwundern, wenn er unbedenklich die Geleitsabgaben hinterzog, schmuggelte und paschte, soviel er konnte.

Aus diesen gedrückten Verhältnissen aber hat sich ein Bauernstand herausgearbeitet, der in seinen besten Vertretern manchen städtischen Namen in den Schatten stellt. Die Winkelschulen, die sich seit dem 17. Jahrhundert allenthalben in der Gegend, nicht zuletzt

im Kaditzer Kirchspiel finden, sind, wie unbequem sie auch den Kirchschullehrern sein mochten, doch ein wertvolles Zeugnis für das Bildungsbedürfnis des Bauern. Die Grundlage seiner geistigen Bildung und seines gesamten Wirtschaftslebens ergab in gewissem Sinne der Kalender. An den Kalender schlossen sich in merkwürdiger Weise die besten Leistungen an, welche der damalige Bauernstand hervorbrachte. In mehreren gelehrten Bauern hat diese Entwicklung in der Dresdner Gegend Vertreter gefunden. Palitzsch ist das bekannteste Beispiel, näher bei Kaditz ist der gelehrte Bauer Ludwig zu Cossebaude, der 1715 bis 1760 lebte, zu nennen. Sie sind nur hervorragende Beispiele unter ihresgleichen. Ein Serkowitzer Kind, der Schlossermeister Bormann, der hochbetagt 1863 zu Dresden starb[3],


  1. Ein Bauer zu Wilschdorf verkauft 1541 „falsch Heu“ (Richter V. II, S. 209). 1478 hält ein Bauer von Reichenberg, das damals Hans Bernfeld gehörte, gefälschten Hafer feil (Richter V. II, S. 208).
  2. Coll. S. A.D. Lindenau: 1625 suchten die Lindenauer, welche mit zwei Lohnjägern (MD, Heft 16, S. 44), sogenannten Blauhüten, belegt waren, sich des einen zu entledigen. Sie versprachen dem Obertrompeter Kühne 6 Thlr. oder ein silbernes Becherchen, wenn er sie davon befreite. Die Sache wurde ruchbar, Kühne wurde in den „Kaiser" (MD, Heft 16, S. 65) gesetzt, die Gemeinde mußte den Blauhut wiederum schaffen und 30 Thlr. Strafe geben.
  3. Joh. Gottfried Bormann, geb. am 7. August 1781 in Serkowitz, gest. am 11. August 1863 zu Dresden.