sie noch so klar im Rechte sein, konnten allerlei Zurücksetzungen oft nur ausweichen, indem sie gaben. Wie dreist zuweilen die Ungerechtigkeit auftrat, ersieht man daraus, daß 1589 der Prokuraturverwalter bei großer Teuerung dem kurfürstlichen Befehl zuwider Getreide an Bauern der Dresdner Gegend zu so hohen Preisen verkaufte, daß er am Scheffel bis zu 24 Groschen „hinterhielt und zur Ungebühr erzwang“ und daß er als Ratsverwandter zu Meißen um seines Vorteils willen einen Schein vom Rat zu Meißen erwirkte, um sich die Preise, welche er zur Deckung angab, bestätigen zu lassen[1].
Es waren noch immer die „armen Leute“ des Mittelalters, die in den Dörfern saßen, erst vom 17. Jahrhundert ab hob sich kräftiger ihr Selbstbewußtsein. Wie im 16. Jahrhundert zuweilen mit den Bauern umgegangen wurde, zeigt eine Klage zu Serkowitz, Schlagen und Stöcken war danach selbst in privatrechtlichen Streitigkeiten im Amte üblich[2]. Die naivste Begehrlichkeit trat dem Bauer schon in dem Forstknecht, der ihm Holz anweisen sollte[3], im Marktmeister und im Landknecht entgegen, sie wuchs zuweilen mit der Bedeutung des Amtes, welches der Fordernde inne hatte, und wurde Bedrückung.
So mußte der Bauer werden, wie er war, hart, mißtrauisch und dabei zur Vergeltung geneigt. Die Legende erzählt, daß der heilige Benno, als er bei Kaditz vor großer Wasserflut ein Kreuz geschlagen und trocken die Elbe durchfahren habe, einen Bauer unbemerkt als blinden Passagier mit hinübergenommen habe[4]: die Geschichte, die sich an dem listigen Betrug des Bauersmannes ergötzt, ist aus dem Herzen der Landbevölkerung gedichtet. Der Bauer war oft im Recht, wo er sich übervorteilt sah; so wurde auch er verschlagen und listig. Für Zinsleistungen suchte er gern das Mindestwertige heraus: „verrufene Geldsorten" und verdorbenes Getreide[5] waren
- ↑ HStA. loc. 8987: Extrakt der Inquisition George Schultheißen, Prokuratur-Verwaltern und Friedrich Schindlern, Kornschreiber zu Meißen bel. 1589.
- ↑ Beune 8987.
- ↑ RA. D. A.XVb 33, Bl. 101b (1466). Item 1 gr. dem Forstknecht zcum drincken als her dy eiche zcur bornsule wyse.
- ↑ Jentsch, Fragebogen f. Kaditz. – Preusker, Blicke in die vaterl. Vorzeit III, S. 2.
- ↑ Zinsgetreide bedeutete schlechthin minderwertiges Getreide. HStA. loc. 8984; verrufene Münzsorten usw. DA. M, H., 353.
Otto Trautmann: Kaditz bei Dresden. i. A. des Verein für Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung, Dresden 1909, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft21VereinGeschichteDresden1909.djvu/68&oldid=- (Version vom 20.3.2023)