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Adreßbücher und Stadtpläne, sowie hinsichtlich der einverleibten Vororte, deren Aktenmaterial zum allergrößten Teil nicht zugänglich war, mündliche Mitteilungen der früheren Gemeindevorstände. Versucht wurde, die Entstehung der Straßennamen und ihre Wandlungen im Laufe der Jahrhunderte zu ermitteln. Allerdings blieben hierbei Unsicherheiten nicht ausgeschlossen, da die Ratsakten erst seit höchstens 20 Jahren Gründe für die Wahl neuer Straßenbenennungen angeben.

Dresdner Straßennamen werden zum erstenmale in einer Urkunde vom Jahre 1324 erwähnt, und zwar die Seegasse und die Kundigengasse. Die übrigen Gassen der alten Stadt finden sich zuerst im Geschoßregister von 1396 aufgezählt. Diese ältesten Namen sind nicht durch die städtische Behörde festgesetzt worden, sondern im Volksmunde entstanden. Sie bezogen sich teils auf bekannte Bürgerfamilien (Zahnsgasse, Kundigengasse) oder auf Gewerbtreibende, die in den Gassen wohnhaft waren (Weber-, Sporer-, Töpfer-, Gerbergasse), teils auf ein an der Gasse gelegenes Gebäude (Brüder-, Schloß-, Frohngasse) oder auch auf einen nahen oder entfernteren Ort, nach dem die Gasse führte oder wenigstens die Richtung einschlug (Plauensche, Wilsdruffer, Pirnische, Meißnische Gasse), teils auf im Stadtgebiet befindliche Gewässer (Seegasse, Elbgasse, An der Weißeritz, An der Kaitzbach) usw. Alle diese Straßennamen kann man als echt volkstümliche bezeichnen, denn sie waren auch dem gemeinen Manne ohne weiteres verständlich. Eine neuerdings nicht mehr übliche Eigentümlichkeit bewahrten manche bis weit in das 18. Jahrhundert hinein: sie schwankten sowohl im Volksmunde als auch im behördlichen Gebrauche. Dem einen Teile der Stadtbevölkerung fiel dieses, einem anderen jenes Merkmal an ein und derselben Straße auf, und daraus erklären sich leicht zwei Erscheinungen. Manche Gasse nämlich führte zu gleicher Zeit zwei, ja selbst mehrere Benennungen. Beispielsweise hieß die Pfarrgasse wegen ihrer unmittelbaren Nähe bei der Kreuzkirche 1556 Kirchgäßlein, aber zugleich auch Buchbindergasse wohl nach einem an ihr ansässigen Buchbinder. Eine andere Eigentümlichkeit ist die, daß sich der Name zuweilen in verhältnismäßig kurzer Zeit

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Hantzsch: Namenbuch der Straßen und Plätze Dresdens. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins bei Wilhelm Baensch, Verlagshandlung, Dresden 1905, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft17-18VereinGeschichteDresden1905.pdf/10&oldid=- (Version vom 20.9.2022)