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abgelaufen ist. Der Rat entscheidet, der betreffende Gerber solle seinen Lehrknecht entweder „nach ausweyßung des Registers“ vollends „auslernen“ oder die fehlende Zeit als Geselle für den üblichen Wochenlohn bei sich arbeiten lassen. Da kurze Zeit nachher den gesamten Gerbern „im sitzenden Rathe“ befohlen wird, ihre Lehrknechte künftig rechtzeitig in Gegenwart von wenigstens zwei anderen Meistern ihres Handwerks den Schustern vorzustellen und einschreiben zu lassen und beim Loszählen in gleicher Weise zu verfahren, so haben offenbar alle Gerber für ihren Genossen Partei ergriffen[1]. Der hier zu Tage tretende Gegensatz verschärfte sich wahrscheinlich, als bei der Einverleibung Altdresdens 1549/50 die Zahl der Gerber wuchs. Seit 1549 erstreben die Gerber vollständige Trennung von den Schustern, werden aber vom Rat schon 1549[2] und nochmals am 2. Mai 1550[3] abgewiesen. Nun aber wandten sie sich, nachdem sie den Rat gebeten, es ihnen nicht zu verargen, an den Kurfürsten; sie legten diesem dar, wie ihre Kinder und Lehrjungen an anderen Orten im Handwerk nicht gefördert würden, sie selbst bei ihren Gesellen, die der Schusterinnung nicht unterworfen seien, keinen gebührlichen Gehorsam fänden, wie sie überdies bei den Händlern „den Borg und Glaube, wie sonst, da sie eigene Innung hätten“, nicht erlangen könnten[4]. Schon am 18. Juli 1550 wird daraufhin in der kurfürstlichen Kanzlei durch Statthalter und Räte die Trennung beider Handwerke genehmigt und angeordnet, daß jeder Teil eigene „Zunft und Innunge“ halten solle. Im Beisein des Bürgermeisters Lindemann und des Oberstadtschreibers Michel Weyße wird beiden Handwerken eine schriftliche Urkunde[5] über die Trennung übergeben, in welcher die Gerber zugleich angewiesen werden, sofort Artikel ihrer neuen Innung dem Rat vorzulegen und bei diesem wie bei dem Kurfürsten um Bestätigung derselben zu bitten, während auch die alten Briefe der Schuster erneuert werden sollen. Weiter wird darin den Schustern, die ein eigenes „gemein Gerbehaus“ besaßen und über 60[6] Jahre so viel


  1. Darauf bezieht sich wohl auch die Anweisung des Rats an beide Handwerke 1549, bei Vermeidung von Strafe sich ihrer bestätigten Ordnung gemäß zu halten, ebenda.
  2. RA G. II. 18. Bl. 127.
  3. RA A. XXIV. 62w. Bl. 27 flg.
  4. Siehe die nachher angeführte Trennungsurkunde.
  5. a. J. Bl. 70–72, JI. Bl. 41–43 und RA A XXIV. 62w. Bl. 27 flg.
  6. Auch dies kann wohl als ein Zeichen dafür angesehen werden, daß die Gerber um 1490, vor ihrer Vereinigung mit den Schustern, noch keine vollständige Zunft gebildet und nicht das Recht des Zunftzwanges besessen haben. Gerber gab es in Dresden, d. h. der Vorstadt („Gerbehäuser“, Richter I, 36), schon um 1400. Hätten diese das Recht des Zunftzwanges besessen, so würden die Schuster um 1490 nicht haben anfangen können zu gerben.