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damals allein der Gewandschnitt, das ist der Verkauf der Tuche nach der Elle, gestattet war, im unteren Stockwerk des Kaufhauses von den Dresdner Tuchmachern gefertigte Tuche verschneiden und verkaufen, fremde im oberen feilhalten sollten, worin zweifellos ein Zugeständnis der Gewandschneider an die Tuchmacher[1] liegt, und der im nächsten Jahrhundert von den Tuchmachern gefochtene und siegreich beendete Kampf um die Berechtigung des Gewandschnittes[2] zwingt unbedingt, schon für jene Zeiten eine entwickelte Vereinigung der Tuchmacher anzunehmen. Auch daß das Handwerk 1376 schon eine eigene Walkmühle besaß, weist auf eine vorhandene Innung[3]. In wie hohem Ansehen die Tuchmacherinnung 1444 außerhalb Dresdens stand, zeigt der Umstand, daß damals der Dresdner Rat und die Handwerksmeister der Tuchmacher zu Freiberg, Pirna und Dresden einen Streit der Tuchmacher von Großenhain und Oschatz entschieden[4].

Über der ersten Ordnung der Tuchmacher aber liegt Dunkel. Im Dresdner Ratsarchiv findet sich eine Tuchmacherordnung[5], die freilich weder eine Ortsangabe noch ein Datum trägt, noch selbst den Namen eines Handwerks nennt. Ist das auch für die alte Zeit, aus der sie stammt, nicht besonders auffallend, so entsteht doch die Frage, ob die Ordnung der Dresdner Tuchmacherinnung zugehört hat, eine Frage, die wohl nicht entschieden werden kann. Daß sie im Dresdner Ratsarchiv liegt, daß sie den weit ausführlicheren Artikeln der hiesigen Tuchmacher von 1506 sehr ähnlich ist, kann nicht Ausschlag geben. Wie es auch anderwärts geschah, so könnten sich die Dresdner Meister bei Aufstellung eigener Artikel von der Tuchmacherinnung einer anderen Stadt deren Statut zum Muster erbeten haben, und dieses könnte uns in jener alten Ordnung vorliegen. Daß man dann vielleicht erwarten möchte, die hiesigen Tuchmacher oder der Rat hätten, wenn auf derselben jede Angabe des Ortes, der Zeit oder des Handwerks fehlte, einen Vermerk, von wem und wann sie entliehen sei, aufgeschrieben, kann ebenfalls für Entscheidung der Frage nicht in die Wagschale geworfen werden. Gewichtiger sind die Bedenken, die sich aus dem Inhalt ergeben;


  1. Diese erstrebten damals schon das Recht, ihre selbstverfertigte Ware im einzelnen verschneiden zu dürfen.
  2. Richter I, 70 flg. und II, 229. Anm. 2.
  3. Cod. II, 5. S. 64.
  4. HStA Loc. 8579. Stadtb. 1437–1453. Letzte Seite.
  5. Abgedruckt bei Richter II, S. 346 und 347.