Seite:Heft12-14VereinGeschichteDresden1896.pdf/265

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Später scheint das Handwerk ohne Widerrede die Lehrjungen aller Supernumerarii aufgenommen und losgesprochen zu haben.

Aber noch in einem andern Punkt befanden sich die Supernumerarii den zehn Stadtmeistern gegenüber in wesentlichem Nachteil. Da diese das Privilegium besaßen, daß nur zehn Werkstätten bestehen durften, so konnten die Erben der Gnadenmeister – mit Ausnahme der Witwe –, wenn die Verstorbenen nicht selbst bei Lebzeiten noch eine der zehn Stellen erlangt hatten, die Supernumerarstelle nicht fortführen. Das wird öfter sowohl von seiten der Gnadenmeister und des Kurfürsten selbst, wie durch die Thatsachen bestätigt. Als z. B. das Handwerk gezwungen ward, die Seite 246 Anmerkung 1 genannten Pestchirurgen aufzunehmen, wird direkt gesagt, daß ihre Stellen, wenn sie erledigt seien, nicht wieder besetzt werden dürften. Ihre Besitzer bleiben darum, obwohl unterdes Stellen frei geworden waren, Supernumerarii. Vergebens sucht ein Barbiergeselle, als eine solche Stelle erledigt war, sie zu erlangen[1]. Die dem Reisebarbier[2] Johann Georgs II. von dessen Nachfolger verliehene „Gerechtigkeit“ wird 1692 von Johann Georg IV. nur ad dies vitae bestätigt und einem andern, einem „Generalstabsfeldscherer“, also keinem Hofbarbier, bei seiner Aufnahme in die Innung direkt erklärt, daß er seine Stelle, im Fall er stirbt, ehe er eine der zehn Stellen erworben hat, nicht auf seine Erben „fallen“ lassen darf[3].



  1. Es ist die Stelle des S. 246 Anm. 1 genannten Kloß oder Klose, der noch 1693 oder 1694 stirbt. 1694 war auch seine Witwe, die also vielleicht die Stelle fortführte, und sein Sohn gestorben.
  2. Langemach.
  3. Simson (siehe S. 246 Anm. 2). Auch der 1679 angenommene Hofbarbier Scriver (RA Barb. 111a u. HStA Loc. 30758. Verschiedene Handwerkssachen, Bl. 20) und der 1693 bei der Königin Leibbarbier gewordene Steinert, der erst am 27. September 1701 durch königliches Rescript die „Hofffreyheit“ erhält, haben keine erbliche Stelle erlangt; sie sind in dem Meisterverzeichnis gar nicht eingetragen worden (RA Barb. 62 u. 64). Scriver, Langemach und Simson werden 1693 als „Hofbefreite“ vom Handwerk bezeichnet (RA Barb. 50). Wolf Grünewald erhält (RA Barb. 2, Bl. 17b) durch ein kurfürstliches Dekret vom 26. Oktober 1660, das ihn zugleich vom Examen befreit, die elfte Stelle, doch mit der direkten Bestimmung, daß seine Stelle, wenn sie „abgehen“ sollte, nicht „wieder ersetzt“ werden, sondern es bei den 10 Stellen verbleiben solle. Zwar wird daraufhin Grünewald 1660 noch im Meisterverzeichnis (Ordn. von 1611 u. 1663) eingetragen und seine Witwe 1668 (RA Barb. 2 Bl. 16b) und 1691 (RA Barb. 10b. Bl. 16 u. 49 Bl. 10) unter den Besitzern der zehn Barbierstellen genannt, aber offenbar nur, um neue Gnadenmeister abweisen zu können. Denn 1693 (RA Barb. 50) wird in einem Verzeichnis seine Witwe nicht unter den Inhabern der zehn Stellen genannt, vielmehr gesagt, sie habe gleichfalls ein Dekret zur elften Stelle.