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in dem er die Werkstätte übernommen hatte, als Meister eingetragen worden.

Mit diesem im allgemeinen üblichen Brauch, eine Stelle erst dann als erledigt gelten zu lassen, wenn keine Erben vorhanden waren, die sie übernehmen konnten, hängt weiter zusammen, daß Aufnahme begehrende Gesellen stets auf eine bestimmte Stelle Meisterrecht erwarben, und daß schließlich das Handwerk, wenn keine Stelle offen war, überhaupt niemand zum Examen zuließ[1]. Dieser Brauch wurde von seiten der Erben wie des Handwerks herbeigeführt. Denn Söhne und Schwiegersöhne, denen eine Stelle in Aussicht stand, erwarben bei der Lage der Sache erst Meisterrecht, wenn sich die Übernahme vollziehen ließ. Auch das Handwerk ging so Mißhelligkeiten aus dem Wege, zu denen es führen mußte, wenn zu Zeiten starken Andrangs das Handwerk jeden werbenden Gesellen


  1. Diese Gewohnheit ergiebt sich aus folgenden Vorgängen und Angaben: 1641 (HStA Loc. 9837. Dresdner Barbierstellen. 1639–1697. Bl. 9) weist das Handwerk einen Gesellen zurück, weil die Meisterzahl jetzt erfüllt sei. Am 7. April 1651 (ebenda Loc. 8871. Justizsachen 1. Teil. Bl. 356) weist der Kurfürst einen Gesellen ab, der um die Erlaubnis, eine elfte Stelle errichten zu dürfen, nachsucht. 1679 erklären die Barbiere einem andern, daß die zehn Stellen besetzt seien, auch erst noch einige Supernumerarstellen bei Erledigung ordentlicher Stellen einrücken müßten, „ehe und bevor einer zum Meisterrecht bei ihnen gelangen und einkommen könne“ (ebenda Dresdner Barbierstellen etc. Bl. 22 flg.). Als 1677 der Barbiergeselle J. Gregor Gutturf Meister werden will, obgleich keine Stelle frei ist, schlagen ihm die Barbiere vor, er solle für die Stelle seines Schwiegervaters, David Beutmann, dem Altdresdner Barbier, der ihm im Ehekontrakt seine Werkstatt bereits zugesagt hatte, „muten“, damit er nicht Meister ohne Werkstatt bleibe. Weil Gutturf darauf nicht eingehen will, weisen ihn die Barbiere mit der Werbung überhaupt ab, allerdings mit anderer Begründung: seine Frau habe bereits vier Wochen nach der Hochzeit ein Kind geboren. Demgegenüber tritt die Regierung 1678 für ein milderes Urteil ein, weil die Trauung Gutturfs wirklich und noch vor der Niederkunft seiner Frau erfolgt sei, und der Kurfürst schlägt vor, Gutturf solle in Altdresden bleiben und „seine Profession, soviel er für sich allein verrichten kann, abwarten“, auf Einnahme in die Innung aber verzichten. Doch findet er sich später bedingungslos als Meister aufgezählt und ist auch 1682 als Meister in dem Verzeichnis im Original der Ordnung von 1663 eingetragen worden. Da er die Altdresdner Stube seines Schwiegervaters inne hat, so sind die Barbiere mit ihrer Forderung, daß er eben auf die frei werdende Stelle muten solle, durchgedrungen (ebenda Loc. 9837. Dresdner Barb. 1639–1679. Bl. 9 flg. und 52 flg., RA Barb. 11 und 29).