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Nach dem Wortlaut der oben angegebenen Bestimmung mußte bei dem Tod eines Meisters oder einer Meisterin der nächst Berechtigte einrücken. Da darüber, wer dann der Berechtigte war, nichts angegeben ist, so würde man annehmen müssen, daß als solcher entweder unter bereits vorhandenen, auf Erledigung einer Werkstätte wartenden Meistern, der zuerst Meister geworden war, oder unter den werbenden Gesellen, der sich zuerst angemeldet hatte, galt. Hätte man aber beim Tod eines Meisters oder einer Meisterin die Stelle ohne Rücksicht auf deren Nachkommen weiter vergeben, so würde zu Zeiten, wo der Zudrang zur Innung stark war, den Meistern oder Witwen das in andern Handwerken jedem zustehende Recht der freien Verfügung über die eigene Werkstätte wesentlich beschränkt worden sein. Zwar konnten sie nach der genannten Bestimmung, wie Meister anderer Innungen ebenfalls, ihre Werkstatt mit allem Zubehör Söhnen oder Schwiegersöhnen, die in ihrer Handwerksausbildung so weit vorgeschritten waren, daß sie sich selbständig zu machen im stande waren, überlassen oder vererben. Aber was half den Erben eine solche Werkstatt, wenn eine größere Anzahl Meister oder Gesellen vor ihnen zur Aufnahme unter die zehn Meisterstellen berechtigt war und sie unter Umständen die Werkstätte auf Jahre hinaus unbenutzt stehen lassen mußten!

Diese Benachteiligung, die so für die Nachkommen eines Meisters die Schließung der Innung hätte herbeiführen müssen, wurde umgangen, indem man, freilich gegen den genauen Wortlaut der Ordnungen von 1611 und 1663, eine Stelle erst dann als erledigt betrachtete, wenn bei Geschäftsaufgabe oder Tod eines Meisters oder einer Witwe weder ein Sohn noch ein Schwiegersohn, sei es auch erst der Bräutigam einer Tochter, da war, der sie sofort oder wenigstens bald übernehmen konnte. Die Barbiere führten damit keine Neuerung ein, sondern ließen es nur bei dem Brauch, der vor Schließung der Innung, wie in jeder andern Innung, auch hier bestanden hatte, und das war um so leichter möglich, als gerade in den ersten Jahrzehnten nach 1611 infolge des Krieges die Zahl der Barbiere wieder zusammenschmolz.

Da nun so, abgesehen von der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, wo die Zahl der Meister noch einmal wesentlich zurückging, fremde Gesellen nur in seltenen Fällen Zutritt zur Innung erlangt haben werden und die Meister sich hauptsächlich aus den eigenen Kreisen