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Sämtliche Landordnungen lassen den Städten, wo eine Innung vorhanden war, volle Selbständigkeit. In der Ordnung von 1518 ist nicht einmal angegeben, wo ein Gesell Meisterrecht erwerben sollte, der sich in einer Stadt niederlassen wollte, wo noch kein Meister war oder keine Seilerinnung bestand. Nur betreffs der Lehrjungen, weil die ohne zunftmäßige Aufnahme und Lossprache auf der Wanderschaft nicht fortkamen, wird 1518 bestimmt, daß ein Meister, der allein in einer Stadt wohnte, seinen Lehrjungen in der vorgeschriebenen Weise („diser gestalt“) vor redlichen Männern, also gar nicht notwendig vor Seilermeistern, aufnehmen und solches darnach dem Handwerk der „nehsten 4 Stedte eyne bei yme offenbarn“ soll; selbst in solchem Fall also ist der Meister keiner anderen bestimmten Stadt wirklich untergeordnet. 1614 bis 1713 werden dagegen die Seiler solcher Städte, in denen nicht vier oder fünf vorhanden sind, angewiesen, mit der größeren Stadt, welche ihnen am nächsten gelegen und „dieser Ordnung ist“, alle Quartale „einzulegen“, dort die Lehrjungen aufzudingen und loszuzählen und das Meisterrecht zu gewinnen[1]. Da diese Bestimmungen nur für solche kleine Städte gelten, deren Meisterzahl nicht zur Bildung einer eigenen Innung ausreichte, so ist gerade der Umstand, daß sie gegeben wurden, ein sicherer Beweis für die Selbstständigkeit der Städte, in denen eine Innung vorhanden war. Diese Bestimmungen zeigen übrigens recht deutlich, wie einzelne Landmeister gezwungen waren, sich der Innung einer anderen Stadt anzuschließen. Wenn seit 1662 der erste Artikel der Landordnungen, der über die Versammlungen handelt, von benachbarten Meistern redet, die es mit den Haupt- und Kreisladen[2] „halten“[3],


  1. Auffallend ist die Bestimmung für Erwerbung des Meisterrechts 1662 bis 1713: das Meisterjahr soll „allhier“ oder, wie nachher noch hinzugefügt wird, anderswo verarbeitet werden. Der Ausdruck „allhier“ ist insofern unpassend, als die Ordnung dem ganzen Land, keiner bestimmten Stadt gilt; er ist wohl dadurch hineingekommen, daß eine Stadt die Artikel aufstellte oder vorhandene Artikel zu Grunde gelegt wurden. Das „allhier“ etwa auf die in § 1 genannte Hauptlade zu beziehen, was die Erwerbung des Meisterrechts für das ganze Land an einen einzigen Ort binden würde, widerspräche der sonst überall vorausgesetzten Selbständigkeit der Städte.
  2. Wo sie standen, wird nicht gesagt; auch keine Stelle nimmt wieder auf sie Bezug. Sollte hier etwas Neues eingeführt werden, so wären unbedingt ausführlichere Bestimmungen gegeben.
  3. Sie haben nur zu dem Hauptquartal Trinitatis zu kommen.