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formell bis zur Einführung der Reformation die Liebfrauenkirche (Frauenkirche) außerhalb der Stadtmauern in dem alten Dorfteile, welcher erst seit 1519, aber auch nur äußerlich, durch eine von Herzog Georg dem Bärtigen errichtete Befestigungslinie an die Stadt und Festung angehängt, organisch aber mit der letzteren erst nach dem Ende unsrer Periode, durch Kurfürst Moritz, vereinigt ward. Unter solchen Umständen mußte eine innerhalb der Ringmauern befindliche Kapelle schon an sich zu besonderer Bedeutung gelangen, namentlich aber, wenn sie im Besitz so wertvoller Heiligtümer war, wie die oben erwähnten. In der That tritt denn auch gegenüber der Mutterkirche die nahe der südöstlichen Ecke des Marktes der Stadt gelegene Kapelle zum H. Kreuz[1] immer mehr in den Vordergrund; sie wird immer mehr das Hauptgotteshaus der Stadt, wird auch mehr und mehr mit dem Namen „Kirche" bezeichnet, und in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft liegt die Wohnung des Pfarrers, liegen die übrigen geistlichen Gebäude, liegt namentlich, so früh sich nur etwas darüber erkennen läßt, die Schule.

Die Vermutung, daß diese auch schon in den Zeiten der ältesten Erwähnungen mit der Kreuzkapelle im Zusammenhang gestanden habe, liegt somit in der That nahe. Auch wenn sie von der Stadt begründet wäre, würde der Zusammenhang nichts


  1. Daß sie ursprünglich dem H. Nikolaus geweiht gewesen sei, sucht F. Dibelius in den Beitr. z. sächs. Kirchengesch. H. 2 (1883), S. 321 nachzuweisen; für die von Constantia mitgebrachte Kreuzreliquie sei wohl eine Kapelle an das anfängliche Gotteshaus angebaut worden, vor deren Namen der ältere mit der Zeit geschwunden sei. Schon Heinrich der Erlauchte gewährte Wallfahrern zur Kreuzreliquie in der Zeit vom 23.-25. Juni eine besondere Sicherung, wie die von seinem Sohn Friedrich (dem Kleinen), Herrn zu Dresden, unter dem 15. Juli 1299 gewährte Erneuerung des Privilegs (Cod. 13, die älteste Urkunde für die kirchlichen Verhältnisse Dresdens überhaupt) dies angiebt. Die Bezeichnung als ecclesia findet sich zuerst in der Urkunde Cod. 35 v. J. 1319, bezeichnender Weise von einer den hiesigen Verhältnissen fernstehenden Seite, angewendet; allmählich wird dieselbe häufiger, aber die eigentliche Benennung capella S. Crucis lebt daneben bis zuletzt fort. Interessant ist der bis nahe zum Abschluß gediehene Versuch Markgraf Wilhelms des Einäugigen, sie unter gleichzeitiger Überweisung der bisherigen Mutterkirche zum Range eines Domstifts zu erheben (Cod. 113, 1. Dec. 1400).