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Januar: Knaben, in diesem Monat geboren, haben langen Kopf und Angesicht, schöne Augenbrauen, sind von guten Geberden und höflichen Sitten. Überleben sie das zwölfte Jahr, werden sie ihr Alter auf sechzig bringen ....!

     Haha! ich guckte auf: die Erleuchtung begann.

     Gierig las ich weiter. Jeder Knabe und jedes Mädchen bekam sein durch die Geburt in dem oder jenem Monat bedingtes und wohlabgestempeltes Aspectlein mit auf den Lebensweg.

     Sie möchten mehr davon wissen, wie? Alles kann ich Ihnen, in Wahrung berechtigter Interessen natürlich nicht verraten. Aber einiges sollen sie noch hören.

     Februarknaben z. B. sind schwacher Natur, gelangen aber durch Heirat zu Reichtum. Märzknaben legen unkeusche Art an den Tag und kriegen drei Frauen. Von Maienmädchen steht fest, daß sie subtilen und scharfen Sinnes sind und Geschick zu allen weiblichen Künsten besitzen, mit deren Hilfe sie dann wohl auch die zween Männer ergattern, die ihnen das Schicksal vorausbestimmt hat. Juniknaben werden mit Podagra geplagt werden und bekommen noch dazu ein zorniges Weib, die Ärmsten. Julimädchen sind stolz und hoffärtig. Sie werden das Ihrige bei den Männern zusetzen und schließlich am hitzigen Fieber sterben. Das haben sie dann davon. Von den im August geborenen Knaben wäre zu sagen, daß sie sinnreich und „wunderlichen Humours“ sind. Den Augustmädels wird vom Mannesvolk nachgestellt, denn sie sind schön und weiß von Gestalt und tragen weiße Kleider. Den – nein, alles kann ich denn nun doch nicht ausplaudern. Bloß das von den Novembermädchen will ich aus Reklamegründen noch zum besten geben: „Ein Mägdelein in diesem Monath gebohren / hat freche Sitten und Gebehrden /sie kömmt in Trübsal und leidet viel Anfechtung / ist sonsten bulerischen Gelmüths / bekömmt zween Männer / erreichet auch ein ziemliches Alter ....“

     So grob würde ich natürlich manches nicht sagen, – ich will nämlich auch sowas unternehmen, damit Sie es nunmehr wissen.

     Ich will einen kleinen Aspektenladen nach Michael Erdmann aufmachen, darin jedem sein Lebenslauf „mit fonderbahrem Fleiß calculieret und beschrieben“ wird. Ein Prophetenlädchen mit Einheitspreisen, wissen Sie, – eine Art Schicksalsepa sozusagen oder eine Woolworth-Wahrsage A. G. ...

     Finden Sie den Gedanken nicht fabelhaft?

     Ich rücke schon auf meinem Stuhl hin und her und reibe mir die Hände.

     Ganz warm werde ich bei diesem neuartigen Plan. Das ist was, Donnerwetter! Das lohnt sich anders als Gelegenheitsgedichte von weißen Westen!

     Heran, meine Damen und Herren!

     Keine Horskope mehr, keine Chiromatie, keine Kaffeesatzpropheterie mehr. Fort mit allem Schwindel. Persönliche Vorstellung nicht mehr notwendig. Postkarte genügt. Angeben, in welchem Monat geboren und ob männlich oder weiblich. Streng reel. Langjährige schriftliche Garantie. Ein Versuch, und Sie sind mein Kunde. Einheitspreise. Grüne Rabattmarken.

     Und beehre ich mich also mit Gegenwärtigem, schon jetzt auf die demnächstige Eröffnung meines diesbezüglichen neuen Ladens ergebenst aufmerksam zu machen ...

     Hach, Mensch, – die Nasie!!!