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Das alte Amt Scharzfeld.
Von H. Morich-Clausthal.


     Am Südrande des Harzes, zwischen diesem und dem Eichsfelde gleichsam eingeschoben, befindet sich ein schmaler Streifen fruchtbaren Landes, der sich von Osterode über Herzberg und Lauterberg bis an die Grenze der Provinz Sachsen bei Tettenborn und Bad Sachsa hinaufzieht, wo er von drei Seiten dieser Provinz umschlossen wird. Diese Landschaft ist ein Stück der Provinz Hannover, und seine Bewohner gehören zu den Niedersachsen, die sich ihre Eigenart durch die Berührung mit den benachbarten Obersachsen nicht haben nehmen lassen.

     Eine alte Heerstraße führt zwischen Osterode und Nordhausen am Harzrande entlang und vermittelte bis zur Erbauung der Eisenbahn im Jahre 1869 einen lebhaften Verkehr auf dieser Strecke, dem einzigen Verbindungswege des Südharzes von Westen nach Osten. Herrliche Landschaftsbilder erschließen sich dem Auge des Wanderers, wenn er seinen Blick über die Berge schweifen läßt, von deren Abhängen und Kuppen oft hohe pfeilerförmige Felspartien herniederchauen, während andererseits ihn die prächtigsten Fluren in der welligen Ebene des Harzvorlandes erfreuen. Kaum findet man eine zweite Landschaft unseres deutschen Vaterlandes, die solche Schönheit mit harmonischem Wechsel verbindet.

     Diese kleine Landschaft ist das alte Amt Scharzfeld, das aus der früheren Grafschaft Scharzfeld-Lauterberg hervorgegangen ist. Die Grafen von Scharzfeld wurden im Jahre 1134 von Kaiser Lothar auf der Burg Scharzfels eingesetzt und standen im direkten Vasallenverhältnis zu Kaiser und Reich. Den Grafentitel führten sie wohl hauptsächlich deshalb, weil sie das Grafengericht im Burgbezirke ausübten. Zu ihrer Herrschaft gehörten die Dörfer Scharzfeld, Lutterberg, Barbis, Bartolfelde und Osterhagen, sowie die ausgegangenen Ortschaften Königshagen bei Barbis, Berengoze bei Bartolfelde und Mittagerode bei Osterhagen, die man als Wüstungen bezeichnete. Im Jahre 1157 gab Kaiser Friedrich Barbarossa die Grafschaft Scharzfeld (neben Herzberg und Pöhlde) seinem Vetter Heinrich dem Löwen gegen das Schloß Baden in Tausch, und die Grafen von Scharzfeld wurden damit Lehnsmannen der Welfen. So kam es, daß die Grafschaft später dem welfischen Teilfürstentum Grubenhagen zugeteilt wurde.

     Die genannten Dörfer und Wüstungen sind uralte Siedelungen, die schon lange vor der Erbauung der Burg Scharzfels, die zu Anfang des 12. Jahrhunderts zum Schutze des benachbarten Klosters Pöhlde erfolgt sein soll, bestanden haben müssen. Scharzfeld wird schon im Jahre 952 in einer Urkunde Kaiser Ottos Ⅰ. unter den Ortschaften aufgezählt, die dem Kloster Pöhlde Güter geschenkt hatten, während Bartolfelde erst in einer Walkenrieder Urkunde von 1260 genannt wird. Aber ein Ritter Hermann von Bartolfelde kommt schon in einer Urkunde von 1222 als Zeuge vor, und auf seine Bitten übertrugen die Grafen von Scharzfeld-Lauterberg 1240 eine Hufe in Königshagen, die Kadelan des Hoeffe genannt, dem Kloster Pöhlde. Es ist anzunehmen, daß die Ortschaften Barbis, Bartolfelde und Osterhagen etwa dasselbe Alter haben wie Scharzfeld.

     Auf das hohe Alter der Siedelungen in der Scharzfelder Gegend weisen auch die Nachrichten von der Einführung des Christentums hin. Wie die heidnischen Sachsen hier zu Christen geworden sind, erzählt uns die Sage von der Steinkirche bei Scharzfeld, dem ältesten Denkmal des Christentums in den Harzlanden. Danach soll Bonifatius († 755) den Heiden als sie auf dieser felsigen Höhe ihrem Wotan blutige Opfer brachten, in mächtig ergreifenden Worten die Ohnmacht ihres Götzen und die Allgewalt und Herrlichkeit des lebendigen Gottes geschildert haben. Um ihnen die Göttlichkeit seiner Sendung zu beweisen, ergriff er eine hölzerne Axt und begann mit derselben den Felsen auszuhöhlen. Und siehe da, das harte Gestein gab nach und wich unter dem schwachen Werkzeug wie weiches Wachs. Da fielen die trotzigen Sachsen anbetend auf ihre Knie und ließen sich in der nahen Oder taufen. Die Steinkirche stammt nach dem Urteile Sachverständiger aus dem 8., spätestens aus dem Anfange des 9. Jahrhunderts, und da diese Gegend seit alters zum Bistum Mainz gehörte, so ist es wahrscheinlich anzunehmen, daß schon zur Zeit des Bonifatius oder doch bald nach seinem Tode, jedenfalls noch vor den Sachsenkriegen Karls des Großen, von Mainz aus das Christentum in diese Gegenden gebracht worden ist.

     Wann die Ortschaften Königshagen und Berengoze aufgehoben sind, ist nicht festzustellen, insbesondere fehlt über Berengoze, von dem auch kein Flurname übrig geblieben ist, in Bartolfelde jegliche Erinnerung. Dagegen weiß man in Barbis von dem vorausgegangenen Königshagen noch viel zu erzählen, und die Erinnerung an