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keine Hoffnung auf Besserung gaben, blieb zuletzt nichts übrig, als den Betrieb, der auch früher immer nur zeitweise größeren Gewinn geliefert und sich sonst in langen Zwischenzeiten eben erhalten hatte, dessen reiche Silbererznester aber von Zeit zu Zeit immer wieder freudige Bewunderung erregt und die Sammlungen der ganzen Welt mit prächtigen Mineralstufen versorgt hatten, dauernd zu Schließen.

     Auch die Hüttenbetriebe bedurften einer zeitgmäßen Erneuerung. Es gelang die beiden Hütten von Altenau und St. Andreasberg, die mit Oberharzer Erzen immer nur schwach hatten beliefert werden können, dadurch noch ein halbes Jahrhundert am Leben zu erhalten, daß ihnen reiche ausländische Erze zur Verarbeitung zugeführt wurden. Als diese Erze aber nicht mehr mit Vorteil käuflich waren, mußten beide Hütten ihren Betrieb aufgeben, und werden die Oberharzer Erze seitdem allein von der Frankenscharnhütte als Rohhütte und der Lautenthaler Hütte als Entsilberungs- und Raffinierhütte zugute gemacht.

     Die seit 1800 erzielten Betriebsleistungen ergeben sich aus folgenden Zahlen: Die Silbererzeugung erhielt sich bis 1866 auf etwa der Durchichnittshöhe des 18. Jahrhundert, d. h. auf rund 10000 Klg. im Jahre. Wenn sie in den folgenden Jahrzehnten auf die drei- und vierfache Höhe gestiegen ist, so ist das auf die Verarbeitung silberreicher Auslandserze zurückzuführen. Nach dem Kriege sind aus den Oberharzer Erzen allein wieder etwa 16000 Klg. Silber im Jahre erschmolzen worden. Die Bleierzeugung stieg von durchschnittlich 1800 Tonnen im 18. Jahrhundert auf 4500 Tonnen in der Zeit bis 1866 und auf 9000 Tonnen in den folgenden Jahrzehnten. Das ist die Höhe, die sie auch nach dem Kriege heute noch etwa behauptet. Seit 1870 spielt neben der Blei- und Silbererzeugung die Gewinnung der von den Zinkhütten früher zurückgewiesenen Zinkblende eine Rolle. Ihr Absaz hat in den Jahren nach dem Kriege bei einer mittleren Jahresmenge von 14000 Tonnen etwa ein Viertel der Gesamteinnahme erbracht.

Der Reinertrag des Oberharzes hat in der Zeit nach 1866 unter dem Einflusse wechselnder Metallpreise stark geschwankt und ist vorübergehend sogar in Verlust umgeschlagen. Im Durchschnitt hat er sich aber doch auf fast 1 Million Mark im Jahre belaufen. Seit einer Reihe von Jahren wird er durch die glänzenden Anbrüche silberreicher Bleierze der Grube Hülfe Gottes bei Grund günstig beeinflußt. Seine künftige Höhe wird in erster Linie von der schwer vorauszusehenden Entwicklung der Metallpreise abhängen.

     Die Regellosigkeit der Gangvorkommen läßt eine Berechnung der Erzvorräte, wie sie beim Lager- und Flözbergbau möglich ist, nicht zu. Sie gestattet daher aud nicht, die Zeit anzugeben, für die der Fortbestand des Oberharzer Bergbaues noch als gesichert anzusehen ist. Nur mehr gefühlsmäßig kann man sagen, daß ein Bergbau, der in seiner jetzigen Betriebsperiode seit 400 Jahren ununterbrochen im Gange gewesen ist, der heute noch viele gute Anbrüche aufweist und neben den schon im Bau befindlichen Gängen auch manche andere besitzt, die in der Tiefe noch der Untersuchung harren, nicht in kurzer Zeit zu Ende gehen kann. Mögen die umfangreichen Versuchsarbeiten, die der Gangbergmann jederzeit betreiben muß und die heute in besonders großem Maße betrieben werden, um neue Gangmittel an Stelle der der Erschöpfung entgegengehenden zu erschließen, künftig reichen Erfolg haben, und möge dann auch unter der neuen Form, unter der der Staat seit einigen Jahren die Oberharzer Verwaltung führen läßt, unter der „Preußischen Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft, Zweigniederlassung Oberharzer Berg- und Hüttenwerke“, dem Oberharzer Bergbau noch eine lange glückliche Zeit beschieden sein!

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     Die vorstehende Abhandlung und die Abbildung auf S. 34 entnehmen wir mit gütiger Erlanbnis des Verlages Appelhans & Co., Braunsweig dem z. Zt. in Einzellieferungen erscheinenden schönen Werte von Görges-Spehr „Vaterländische Geschichten und Denkwürdigkeiten der Lande Braunschweig und Hannover. Ein Volksbuch. Unter Mitwirkung vieler Fachleute herausgegeben von F. Fuhse 3. Aufl.“, das wir an anderer Stelle eingehend besprechen.