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Ins fünfte Kriegsjahr.


     Nicht mit Pauken und Trompeten treten wir ein, aber mit unbeschreiblichem Dank voll strahlender Ruhe. Wer heute nicht dankbar sein wollte im deutschen Volk, wäre dieser vier Kriegsjahre nicht wert. Es hätte doch – weiß Gott – alles auch ganz anders kommen können! Ehe du schiltst und nörgelst, mußt du dir heute über eine Frage ganz klaren Wein einschenken: „Wenn der Feind vier Jahre in deinem Land stünde und darin Krieg führte, wenn deine Äcker und Felder, Wälder, Höfe und Städte derart verwüstet wären, wie das Frankreich heute im vierten Kriegsjahr erlebt, hättest du wirklich noch den Mut auszuharren?“ Der Franzose aber hält aus und steht trotz Niederlage und grauer Zukunft geschlossen hinter dem Siegeswillen seiner Führer. Das ist eine Leistung. An ihr messe die Deinige! Wir hatten keinen Feind im Land. Wir haben im Osten das gefürchtete Rußland zum Schweigen gebracht. Wir haben mit Rumänien Frieden. Wir haben den tapferen Tirolern und Kroaten geholfen, die Italiener aus dem Land zu werfen. In wenig Tagen haben wir an der französisch-englischen Front den feindlichen Gewinn von Jahren mehr als wettgemacht. Sage nicht, das weiß ich alles. Hast du denn vor der Westoffensive geträumt, daß uns so viel so rasch gelingen könnte? Keiner hat’s gedacht. Nachher freilich wurden wir gleichgültig und hielten unsre Siege für selbstverständlich. Unsere U-Boote haben die Schwierigkeiten der feindlicher Versorgung unendlich gesteigert. Todverachtend fahren unsere Minensuchboote hinaus, und Monat für Monat geschieht das Werk der Versenkungen in siegbringender Sicherheit. Wir zuhaus sollten ausgehungert werden und sind es nicht. Wir haben Mangel an Rohstoffen und sind doch der Lage wunderbarlich Herr geworden. Wem haben wir’s zu danken? In erster Linie unserer Heeresleitung, unserer Industrie und Landwirtschaft.

     Aber heute, nach vier Jahren überstandener Not, da danken wir unserem Herrgott. Wirklich, vier Jahre liegen hinter uns! Aufgeschrien hätten wir, wenn man uns das 1914 gedroht. Matt und müde wären wir geworden und hätten nicht geahnt, was der Krieg aus schwachmütigen Menschen machen kann. Heute liegt diese Not hinter uns. Sieh’ nur lange nach rückwärts, recht lange! Was hast du da alles fertig gebracht? Nein, das ist kein Menschenwerk. Gott war wirklich sichtbarlich mit uns. Der Fehler vieler Deutschen ist der: sie wollen nicht glauben, daß Gott mit uns ist. Wir sind dessen gewiß. Darum ströme unser Dank! Das Geschick will, daß wir siegen, Das ist die Erkenntnis dieser vier Jahre. Nur wenn du das heute noch nicht einsieht, dann könnte der Sieg wirklich von uns genommen werden. Aber dann gnade uns Gott! Was die Feinde uns tun werden, wenn sie siegten, das male sich jeder selbst aus! Unser zähester Feind ist noch nicht besiegt. Was England in seinen Krallen hat, gibt es ungezwungen nie heraus. Und eins vergiß nicht: gerade wenn die Not aufs höchste steigt, ist der Sieg am nächsten. Je näher es dem Frieden zugeht, desto heißer wird’s gehen. Verrat wird uns umgeben, Schmeichler werden uns umtören. Noch einmal wird die ganze Hölle ihre Lügen ausspeien. Das Undenkbarste halte ich für möglich; dem alles wird der Feind tun, um Hindenburg sich zu entwinden; jedes Mittel wird ihm recht sein, besonders uns zuhause zu verwirren. Desto eiserner stehe du da, du deutsches Volk! Es wäre ja kindisch, wenn du jetzt, „die Brocken hinwerfen“ wolltest, da dir der Sieg winkt. Die Feinde wollen dich demütigen. Ehe sie auch nur ein Wort mit dir verhandeln, sollst du vor aller Welt eingestehen, daß du ein Verbrechen an Belgien begangen habest. Das haben sie die vier Jahre hinausgeschrieen in alle Winde. Nun fürchten sie den einen Augenblick, das ihre Lüge an den Tag kommen könnte. Sie haben jene Erklärung Bethmann Hollwegs, die er vor dem 4. August 1914 gegenüber Frankreich abgab, unterschlagen, daß Belgiens Neutralität durch französische Flieger und Offiziere schon gebrochen sei und berufen sich allein auf sein unglückseliges Wort vom 4. August, das uns eine Menge Blut kostet. Belgien geschah recht. Unsere Feinde rechnen aber damit, daß Deutschland sich demütige. Darum kämpfen sie weiter. Sie meinen sich’s leisten zu können; auch wenn sie unterliegen, hoffen sie, daß ihnen die Deutschen ja doch nichts nehmen. Jeder Tag fortgesetzten Krieges fällt auf das Haupt unserer Feinde! Von ihnen fordern wir das Blut unserer Kinder. Es gibt noch eine Schuld auf Erden. Wir gehen einer ganz geraden Weg, voll guten Gewissens. Wir lassen nicht mehr mit uns spielen. Dazu ist der Einsatz unserer Kräfte zu groß. Die Not der vier Jahre war hoch. Wer sie uns aufgeladen hat, der hafte dafür. Wir wollen Frieden haben, und darum wollen wir siegen; das ist immer noch der kürzeste Weg. Gott segne unser Heer und unser Volk! Er sei mit Kaiser und Kanzler, mit Hindenburg und Ludendorff. Geschlossen steht die deutsche Treue. Trotz vielen Giftes ist unser Blut gesund. Wir harren aus bis zum siegreichen Ende!

Aus den „Eisernen Blättern“ von Dr. Traub, Dortmund.