so die nach jeder, durch Entrierung neuer Anleihen herbeigeführten Erhöhung des Kontos immer wieder zu konstatierende Abnahme der Schuldsumme erklärt werden kann. Denn bei stockender Zinszahlung wären die Beträge langsam gewachsen, und ohne Abtragungen hätten sie annähernd auf gleicher Höhe bleiben müssen[1]. Eine alle paar Jahre herbeigeführte gewaltsame Reduzierung der eingegangenen Verpflichtungen seitens des Schuldners ist ebenfalls nicht wahrscheinlich, zumal derselbe offenbar dauernd auf die Inanspruchnahme seines Kredites angewiesen war. Unter diesen Umständen aber kann die Rentabilität derartiger Unternehmungen kaum bezweifelt werden, auch wenn eine vollständige Tilgung der Schuld niemals erfolgte. Denn bei dem hohen Zinsfuss[2], wie er damals fürstlichen Gläubigern gegenüber gefordert wurde und, worauf noch einzugehen ist, infolge der ganzen Organisation dieser Anleihegeschäfte notwendiger Weise gefordert werden musste, führten regelmässige Zinszahlungen auf die Dauer, wenn auch nicht rechtlich, so doch thatsächlich, zu einer Amortisierung des ganzen Kapitals, so dass der Geldgeber schliesslich doch sein Geschäft gemacht hatte, auch wenn die Schuld niemals voll zurückgezahlt wurde. Kamen noch gelegentliche Abzahlungen oder sonstige Abfindungen hinzu, so musste dadurch die Gewinnchance für den Darleiher erhöht werden, besonders, wenn diese Abfindungen in der Ueberlassung von Rechten bestanden, aus denen die spekulative Energie des Kaufmanns unter Umständen mehr zu machen verstand als die Schwerfälligkeit fürstlicher Administrationen. Dieses war aber bei den hier in Frage stehenden Geschäften meist der
- ↑ Charakteristisch in dieser Beziehung ist die entgegengesetzte Entwickelung der Aussenstände von Lyon, in der sich der herannahende französische Staatsbankerott schon seit langem ankündigte. Von 1553 an wächst das Schuldkonto des Königs ununterbrochen, da die Abnahme im Jahre 1561 nur scheinbar ist; die dortigen Aussenstände betrugen in jenem Jahre thatsächlich 61 518 Livr., d. i. 39 400 fl., die aber vorsichtigerweise nur mit 25 000 fl. in Rechnung gestellt wurden.
- ↑ König Ferdinand zahlte dauernd 10–12 % Zinsen.
Johannes Hartung: Aus dem Geheimbuche eines deutschen Handelshauses im 16. Jahrhundert. Emil Felber, Wien 1898, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartung_Geheimbuch_eines_deutschen_Handelshauses.djvu/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)