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von dem Zopf in Sylt!) Also am untersten Rand dieses Hemdchens ist ein Faden befestigt und dem Hund in’s Maul gegeben, der an diesem Faden beflissen um das Kind in die Runde läuft. Das Kind ist außerordentlich gut aufgelegt. Es sitzt gut, es wird gut unterhalten, und es saugt gut, allerdings nur an dem leeren Gummihut seiner Milchflasche; aber daß nichts in den Magen geht als Wind, merkt es nicht.

Das zweite Bild zeigt die ganze Eigentümlichkeit Oberländers als Künstler – seine persönliche Note.

Der Hund fängt an, ein Röckchen um den Leib zu bekommen, indem er an dem Faden allmählich das Hemdchen des Kindes auftrennt und um sich wickelt, was ihm schön warm macht. Zugleich fängt das Kind an zu merken, daß es ihm kältlich um’s Bäuchlein wird, – nur ein ganz klein wenig, und erst ganz unbestimmt. Es sitzt noch ganz ebenso wie früher auf dem Topf, es saugt noch ganz ebenso eifrig am Gummihut; aber eine ganz geringfügige Kopfbewegung verrät, daß nicht Alles mehr dasselbe ist. Es wird aufmerksam. Es ist noch sehr schön, aber doch nicht mehr so schön wie früher; es lauscht wie auf eine erste innere Enttäuschung.

Das dritte Bild mit der fortschreitenden Abwickelung und Abkleidung, und das vierte, wo das Kind, ganz nackt, heulend vom Topf aufsteht, während der in ein dickes wollenes Gewebe eingewickelte Hund mitten in seinen nassen Fußtapfen innehält – das ist für die gewöhnlichen Lacher.

Außer für die äußere Umrißlinie hat Oberländer noch eine künstlerische Leidenschaft: für den Charakterzug, diese innere Umrißlinie. Mit liebevoller Versenkung in das Wesen einer Persönlichkeit – wobei er zwischen Hoch und Niedrig keinen Unterschied macht – wittert er diesen centralen Zug heraus, der gewöhnlich die schwache Seite des oder der Betreffenden ist, und formt ihn pietätvoll aus, wobei er mit seinem künstlerischen Drang nach Vereinfachung nicht ruht, bis dieser Zug alle anderen in sich aufgesogen hat und der einzige, die Persönlichkeit selbst, geworden ist. Er gönnt sich dann auch eine sorgfältige Ausführung, und was er liefert, ist das Porträt, das dann gewöhnlich trotz kleiner notwendiger, ganz äußerlicher Veränderungen, auch von Hoch und Niedrig sofort erkannt und angemessen aufgenommen[1] wird. Selbstverständlich verändert sich dabei auch die Technik gänzlich: sie wird füllig, rund, saftig; sie nähert sich der Photographie. Außer dieser Porträtgalerie, in der die Eingeweihten wie in einem Band Zeitgeschichte blättern, begünstigt er noch die Anspielung auf allgemein bekannte, aber nicht kommentirbare Vorgänge. Er versetzt sie aus ihrer Höhenluft in das zugänglichere Gebiet gewöhnlicher menschlicher Vergehungen und Wirkungen; er führt sie mit gleicher Liebe zeichnerisch aus wie die Porträts, und wenn man den Blick eines Durchblätterers der „Fliegenden“ vor solch einer harmlosen Scene scharf und groß werden sieht, dann haben die Auguren sich verstanden.


  1. Vorlage: aufnommen
Empfohlene Zitierweise:
Ola Hansson: Oberländer und die „Fliegenden“. S. Schottlaender, Breslau 1904, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hansson_Oberl%C3%A4nder_und_die_Fliegenden.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)