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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s

verspritzte. In der Nähe des Schulneubaues überbuckelte die Linie einen Sandhaufen; und das rote Batistkleid besaß eine geräumige, weißgesäumte Tasche; so war es natürlich, daß etwas von dem feinrieselnden Sand in die Tasche gelangte, was später in einer anderen Gasse von der kleinen Patschhand mit regelmäßigen Bewegungen und dem möglichst rauh wiederholten Rufe „Vorsehn! Bitte, vorsehn!“ wieder weithin ausgestreut wurde. Wie denn gewisse Männer in München ein halb Jahr zuvor auf glattbeeisten Straßen ähnliches getan hatten, damals, als Daja die Tante Walli besuchte. „Vorsehn! Bitte, vorsehn!“ Nun zeigte sich freilich kein Glatteis. Denn Daja zog jetzt durch den Frühling. Der Sonnenschein war mit Vogelgeschwätz gefüllt, und ein gesunder Wind regte das Hängeschild der Konditorei Kürzel in knarrenden Angeln. Unter dem Plakat vor der Haustür lauerte der Feind namens Bäckertrude. Der verlachte die Sandstreuende, und als diese mit einer herausgeblökten Zunge entgegnete und Bäckertrude darauf zum Angriff überging, entschlüpfte Daja mauseschnell linksab durch einen Torbogen, lapp, lapp über einen gebirgig bepflasterten Hof, husch, husch durch die Bresche eines wackeligen Zaunes, von Stein zu Stein über einen Bach und auf schräger Ebene zwischen Hecke und Graben bis zu der strohbedeckten Hütte Faserkinns. Eduard Faserkinn, vom Hauslehrer Andex so getauft, war ein vierbeiniger Esel, welcher mit der Stadtratstochter in

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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s. München: Albert Langen, 1913, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_B%C3%B6tticher_Ein_jeder_lebts_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)