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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Taugliche, der Ersatzreserve 7009 Taugliche und 2456 künftig Taugliche.[1] Ausgehoben für das Heer wurden 207 741 für den Dienst mit,[2] 2712 für ihn ohne Waffe, zusammen 210 453[3]. Freiwillig traten ins Heer als Einjährige 13 582, als Volksschullehrer 1141, sonstige (2, 3 und 4-Jährige) 48 591, zusammen 63 314.[4] Im ganzen also gelangten an Tauglichen im Heer zur Einstellung: 273 767. Von je Hundert der endgültig Abgefertigten (565 520) waren tauglich im Reich 53,4, künftig tauglich 15,1, minder tauglich 25,9, untauglich 6,0, unwürdig 0,1 (1911). Die meisten Tauglichen hat das XV. Korps (Elsass) mit 66,9, die wenigsten das III. (Brandenburg, wo sich der Einfluss Berlins geltend macht) 42,3 v. H. Auf das Armeekorps entfallen etwa 12–13 000 Ausgehobene, doch schwanken die Zahlen zwischen 1500 und 26 000 Köpfen. Bei den Gemeinden über 100 000 Einwohnern bleibt die Zahl der Eingestellten um 35 v. H. hinter der erwartungsmässigen zurück, während sie auf dem Lande um 6,39 bis 8,9 v. H. überschritten wird. Die 1/5 der Bevölkerung liefernden 48 Grossstädte stellen nur 1/17 zum Heere, und diesen Ausfall tragen die Orte unter 5000 Einwohner, d. h. die Bauern. Hervorzuheben ist, dass mehr als 1 Million Turner 1910 allein 35 222 Taugliche zum Waffendienst stellten.[5]

Ohne jede Schulbildung, d. h. solche, die in keiner Sprache lesen oder ihren Vor- und Zunamen nicht leserlich schreiben konnten, gab es 1912 von den in Deutschland Geborenen nur 34 = 0,01 v. H., von den im Auslande Gebürtigen 2,22 v. H.

An Remonten wurden 1912 im ganzen Reich 15 103 Pferde angekauft, dabei von 23 605 in Preussen vorgestellten 11 244, d. h. 48 v. H., in Sachsen von 1735 gar 1328, d. h. 76 v. H.

Den organisatorischen Rahmen des Heeres geben die Gesetze vom 9. XI. 67 (Wehrgesetz), 9. XII. 71, 2. V. 74, 15. II. 75 (Kontrollgesetz), 6. V. 80, 31. III. 85, 11. VIII. 87, 15. VII. 90, 3. VIII. 93, 28. VI. 96, 25. III. 99, 22. II. 04, 15. IV. 05, 27. III. 11, 14. VI. 12. und das neueste und finanziell folgenschwerste v. 3. VII. 13. Sie bestimmen (in Verbindung mit Artikel 60 der Verf.) die Friedenspräsenzstärke und die Friedensformationen für eine Reihe von Jahren, ursprünglich 7, seit 1899 aber 5. Es wird also jetzt für jedes Jahrfünft (Quinquennat) ein Organisations- und Vermehrungsplan dem Reichstag vorgelegt und von ihm grundsätzlich bewilligt. Der Friedensstand selbst aber wird jährlich durch den Etat festgelegt. In ihm sind seit 1874 die Einjährig-Freiwilligen und seit 1893 auch die Unteroffiziere nicht miteinbezogen.

Die Friedensstärke wird nicht mehr als Maximalstärke, sondern als Jahresdurchschnittsstärke vorgesehen, so dass die wirkliche (Effektiv-) Stärke zeitweilig über die festgelegte Präsenz hinausgehen kann. Dadurch kann die Militärverwaltung den im Laufe des Jahres nötig werdenden Mehrersatz (G v. H.) im Interesse der Ausbildung gleichzeitig mit den Rekruten einziehen und im Kriegsfälle zeitweise unbemerkt Verstärkungen.

Die Friedenspräsenzstärke war ursprünglich, nach Art. 60 der Verf., bis zum 31. XII. 1871 auf 1 v. H. der Bevölkerung von 1867 festgesetzt, wobei eine gleichmässige Verteilung der Gestellung pro rata der Einwohner auf die einzelnen Bundesstaaten bestimmt wurde. Sie betrug 1871 (damals einschl. Unteroffiziere) 405 099 Köpfe. Seitdem ist sie mit der stetig wachsenden Bevölkerung auch ständig gestiegen, und im neuesten Wehrgesetz von 1913 ist die Kopfzahl auf 661 176 Gemeine, Gefreite und Obergefreite, d. h. wieder auf 1,018 v. H. der Bevölkerung von 1910 erhöht worden (also um 116 965 gegen 544 211 = 0,838 v. H. des Gesetzes v. 14. VI. 12 oder um 255 000 Mann, 100 000 Unteroffiziere = rund 355 000 Köpfe gegen 1871, während sich die Bevölkerung seitdem um etwa 55 v. H. vermehrt hat). In dieser Höhe bleibt die Stärke bis zum 31. III. 16. Das Verhältnis des Anteils der vier Kontingente ist im wesentlichen unverändert gelassen worden. Die Zahl der Offiziere und Unteroffiziere unterliegt besonderer Festsetzung, sie werden durch das neue Gesetz um rd. 4000 Offiziere (die besonders die älteren Dienstgrade, Stabsoffiziere und Hauptleute, der Reserveformationen im Mobilmachungsfalle besetzen werden) und 15 000 Unteroffiziere vermehrt. Hierzu tritt eine Steigerung des Beamtenpersonals für Verwaltung, Rechtspflege und Seelsorge, sowie eine Erhöhung des Bestandes der Dienstpferde um 27 000. Die Einjährig-Freiwilligen – etwa 15 000 – kommen auf die Friedensstärke nicht in Anrechnung, ebenso geht von ihr die Zahl der Ökonomie-Handwerker ab, für die Ersatz durch Zivilhandwerker geschaffen wird.


  1. Der Marine-Ersatzreserve 70 Taugliche, 4 künftig Taugliche, zusammen 74.
  2. Davon als Trainsoldaten mit einjähriger Dienstzeit 1415, bei Truppen mit 2jähriger Dienstzeit 193 622, mit 3jähriger 12 704.
  3. Für die Marine aus der Landbevölkerung 9422, aus der seemännischen 4050, im Ganzen 13 472.
  4. Die Marine erhielt 875 Einjährige, 4041 sonstige, im ganzen 4916 Freiwillige.
  5. Die Zahl der unbedingt Tauglichen bewegt sich in stets sinkender Richtung. Die geringste Zahl Tauglicher stellen die Provinzen mit vorwiegend industrieller Landbevölkerung.
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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/304&oldid=- (Version vom 11.12.2021)