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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

der Jurisprudenz, wie Patent-, Muster- und Markenschutz, Gewerbe-, Eisenbahn-, Post-, Telegraphen- und Telephonrecht). – Rechtswissenschaft (öffentliches und Privatrecht). – Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftsgeschichte. – Reine und angewandte Naturwissenschaften (Physik, Chemie). – Warenkunde und Technologie. – Sprachen. – Theorie und Praxis des kaufmännischen Unterrichts. – Allgemeine wissenschaftliche Ausbildung (Literatur, Kunst, Kunstgewerbe, Philosophie etc.). – Fertigkeiten.

Das hochschulmässige Niveau der Vorlesungen und Übungen wird in erster Linie durch die Verfassung der Handelshochschule gewährleistet, die ebenso wie die aller anderen deutschen Hochschulen auf der Lehr- und Lernfreiheit beruht und den Lehrkörper unter dem Gesichtspunkt zusammensetzt, dass seine Mitglieder die Wissenschaft nicht nur lehren, sondern auch selbstforschend weiter entwickeln. Die Immatrikulationsbedingungen (entweder Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis plus 2–3 jährige kaufmännische Lehrzeit, oder Abiturientenzeugnis) bedeuten keine Minderforderungen gegenüber anderen Hochschulen, da für die Eigenart der Handelshochschule der Kombinierung von Schul- und Berufsbildung mindestens derselbe Wert beigemessen wird, wie die volle Absolvierung einer Prima. Nicht gering ist übrigens die Zahl der Studierenden, die sowohl das Abiturientenzeugnis, als die volle kaufmännische Ausbildung mitbringen. Gegen die kurze Studienzeit (2 Jahre) bildet ein gewisses Gegengewicht, dass die natürliche Auslese an den Handelshochschulen schärfer ist, als an den anderen Hochschulen, die ein obligatorisches Durchgangsstadium für gewisse Berufe sind. – Das „Diplom der Handelshochschule“ wird auf Grund einer schriftlichen und mündlichen Prüfung unter Vorsitz eines staatlichen Kommissars erworben.

Nebenaufgaben der Handelshochschule sind die volle Ausbildung von Handelslehrern (Studienzeit 2½ Jahre; besondere Prüfungsordnung), ergänzende Lerngelegenheit für zukünftige Konsuln, Kolonialbeamte, für Juristen, sowie Verwaltungsbeamte aller Art etc.

Die Zahl der voll immatrikulierten Studierenden (ohne Hospitanten und Hörer) betrug im Wintersemester 1912/13 in Berlin 509, Frankfurt 416, Köln 532, Leipzig 533, Mannheim 124, München 181. Diese Zahlen sind nicht durchweg vergleichbar, da z. B. in Leipzig jeder als Studierender gezählt wird, der ein gewisses Minimum an Stundenzahl belegt hat, während sonst ein volles Studiengeld verlangt wird (Berlin: 125 M. pro Semester; Ausländer 250 M.).

Teils aus diesem Grunde, teils auch wegen Verschiedenheiten der Etatisierung lassen sich die Finanzen der Handelshochschulen ebenfalls nicht genau vergleichen. Obst berechnet für das Jahr 1911/12 (zu Berlin anscheinend 1910/11) die Summe aller Ausgaben in Berlin auf 309 991, Frankfurt a. M. auf 442 350, Köln auf 409 300, Mannheim auf 176 800, München 151 000, wovon durch Vorlesungshonorare nicht gedeckt wurden: 143 196, 385 230, 236 300, 146 830, 96 000; so dass O. als Zuschuss auf den Kopf der Studierenden berechnet: Berlin 355, Frankfurt a. M. 1411, Köln 493, Mannheim 1546, München 580 M.

Im Auslande befinden sich die wichtigsten Handelshochschulen oder ähnliche Veranstaltungen in:

Wien (Exportakademie); Budapest, Klausenburg, Fiume (Exportak.) – an den 6 schweizerischen Landesuniversitäten, sowie an der freien (kath.) Universität Freiburg in Gestalt von (vorhandenen oder in Errichtung begriffenen Lehrstühlen für Handelswissenschaften („Privatwirtschaftslehre“) oder, wie in Lausanne, in Angliederung unter selbständiger Direktion; städtisch: Sankt Gallen (in Entwickelung aus einer „Handelsakademie“).– Brüssel, Antwerpen (auch Lüttich, Mons, Löwen?) – Paris – Genua, Mailand (Luigi Bocconi) – London, Birmingham, Glasgow, Manchester – Stockholm – Moskau, Kiew (auch St. Petersburg, Charkow?) – Athen. – Aus dem ferneren Ausland werden, ohne die Möglichkeit, den Hochschulcharakter zu kontrollieren, genannt: Buenos Aires, Valparaiso – Tokio, Kobe, Osaka – Shangai. – New-York, Philadelphia, Cambridge (Mass) Burlington (Vermont) Hanover (New-Hampshire), Chicago, Madison (Wisc.), Berkloy (Kalif.), sowie ähnl. Veranstaltungen in Urbana (Ill.), Ann Arbor (Mich.), Minneapolis (Minn.) und Palo Alto (Kalif.).



Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/174&oldid=- (Version vom 25.11.2021)