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Diverse: Handbuch der Politik – Band 1

17. Abschnitt.


a) Bürgerliche und politische Freiheit.
Von
Dr. Ferdinand Tönnies,
o. Professor an der Universität Kiel.


Literatur:

Aristoteles, Polit. VI, p. 1311 Bekk.
Hobbes, De Cive Cap. XIII, 15. 17. Leviath. P. II. Ch, 21.
Spinoza, Tractatus theologico-politicus.
Locke, Two treatises on civil government II, ch. IV.
Montesquieu, L’esprit des lois. L. XI, 3. L. XII, 2.
Hume, Essays literary moral and political. XIII Of civil liberty.
Rousseau, Du contrat social 1762.
Price Richerd. Obervations on the nature of civil liberty. the principles of government etc. 7th.ed. Lond. 1776.
– Frh. v. Vincke, Darstellung der inneren Verwaltung Gross-Britanniens. M. Vorw. v. Niebuhr. Berl. 1816.
Humboldt, W. von, Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen. (1791) Breslau 1851.
Kant, Metaphys. Anfangsgründe der Rechtslehre (1797).
Mill, J. St., On liberty. London 1859.
Laboulaye, L’Etat et ses limites, 5. ed. Paris 1871.
Stephen, James Fitzjames, Liberty, equality, fraternity. Lond. 1873.
Treitschke, H. v., Historische und politische Aufsätze. Leipzig 1886. Dritter Band, S. 1– 42.
Lieber, F., On civil liberty and self-government 3. ed. Philadelphia 1874, deutsch. Tübing. 1860.
Simon, Jules, La liberté de conscience. Paris 1867; La liberté politique. 3. ed. Paris 1867; La liberté civile. 3. ed. Paris 1867.
Tocqueville, A. de. De la démocratie en Amérique. 2 Voll. Paris 1835.
Schäffle, Bau u. Leben des soz. Körpers. II. 119 ff. 137 ff. Tübing. 1878.
Dupont-White, L’individu et l’etat. 3. ed. Paris 1865.
Bähr, Der Rechtsstaat. Göttingen 1864.
Held, Staat und Gesellschaft. II. 92 ff. III. 511–636. Leipzig 1865
Gneist, Der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 2. A. Berlin 1879.
Spencer, H., The man versus the State. Lond. 1886.
Idem, Justice, (P. IV of the Principles of Ethics). Lond. 1891.
Giese, Die Grundrechte (Zorn-Stier, Abh. a. d. Staats-Verw. u. Völkerr. I, 2).
Gierke, Joh., Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien. 3. Ausg. Breslau 1913. VI. Kap.
Jellinek, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. 2. A. Tüb. 19u4.
Id., System der subjektiven öffentlichen Rechte. 2. Aufl. Tübingen 1905.
– Jr. Allg. Staatslehre3 S. 294. Berl. 1914.
Wagner, Adolph, Grundlegung der politischen Ökonomie. 3. Aufl. Zweiter Teil. Buch 1, 3. Leipzig 1894.
Maine, H. S., Popular government. Lond. 1885.
Locke, W. H., Democracy and Liberty. 2. A. Lond. 1899.
MerkeI, Ad., Fragmente zur Sozialwissenschaft. Strassb. 1898.
Glogau, G., Über politische Freiheit (Rede). Kiel 1885.
– v. Wiese, Lv. Das Wesen der politischen Freiheit (Rede) Tübingen 1910. –


Die politische Freiheit wird oft mit der bürgerlichen Freiheit vermischt und verwechselt. Es scheint zweckmässig, die beiden Begriffe auf folgende Weise zu unterscheiden: Bürgerliche Freiheit ist Freiheit der Regierten, politische Freiheit Freiheit der Regierenden.[1] Dies will sagen: Bürgerliche Freiheit kann in ausgedehntem Masse bestehen, ohne dass die Individuen, die sie geniessen, irgend welchen aktiven Anteil an der Souveränität des Staates haben. Sie ist also ihrem Wesen nach unabhängig von der Staatsform. Hingegen politische Freiheit bedeutet Anteil an der Herrschaft und erstreckt sich daher, insofern als die drei Gewalten geteilt sind, auf die gesetzgebende, die richterliche und die verwaltende Staatstätigkeit. Politische Freiheit ist mithin, je mehr sie verallgemeinert wird, um so mehr demokratisch; und sie stellt um so vollkommener sich dar, je reiner das Prinzip der Volkssouveränität in allen Institutionen des Staates verwirklicht ist. In neuerer Zeit hat man so sehr sich gewöhnt, Freiheit im allgemeinen, und politische Freiheit im besonderen, als ein Gut schlechthin zu betrachten, dass die Gegner der Demokratie zu leugnen pflegen – wie es schon Hobbes tat – , dass politische Freiheit mit der Staatsform irgendwie zusammenhänge. Die Verwechselung politischer Freiheit mit bürgerlicher Freiheit liegt hier zutage. Politische Freiheit – sie ist in der Regel gemeint, wenn in bezug auf das Staatsleben von Freiheit die Rede ist – hat in der modernen Entwicklung, unter dem Einfluss antiker Vorbilder


  1. Das zwiefache Wesen der Freiheit im Staate hat Aristoteles ausgesprochen. Freiheit bedeutet ihm 1. das Recht der Bürger, nach ihrem Belieben zu leben: 2. die Teilnahme der Bürger an der Regierung. Er will damit wiedergeben, was er bei den Anwälten demokratischen Verfassungsrechtes gefunden hat.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 1. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_1.pdf/261&oldid=- (Version vom 31.7.2021)