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wenn sie auf der Benutzung mechanischer Reproductionen beruhen. Denn der Papierabdruck ist das beste Hülfsmittel, um durch Pausen und Zeichnen und weiter durch mechanische Vervielfältigung der so gewonnenen Zeichnungen ein wirklich treues Abbild der Inschriftenschrift herzustellen. Die Art, wie in Ritschl’s priscae Latinitatis monumenta epigraphica in den in Kreidemanier ausgeführten Lithographieen Papierabdrücke der Inschriften reproduciert worden sind, giebt in vielen Fällen kein richtiges Bild von der Tiefe, Schärfe und Klarheit der Lapidarschrift der republicanischen Zeit. Hier hätte die Benutzung von Photographieen nach den Originalen oder wenigstens eine durch Anschauung gewonnene Vertrautheit mit denselben als Correctiv der Papierabdrücke verwendet werden sollen. Es ist bei den Inschriften genau so (und das ist kein Wunder) wie bei den photographischen Aufnahmen nach der Natur und bei der photographischen Vervielfältigung von Kunstwerken. Nur als Grundlage selbständiger künstlerischer Arbeit führt die mechanische Copie zur vollendeten Reproduction.

Wenn auf die oben bezeichnete Weise durch Sammlungen von Abdrücken und durch geeignete Vervielfältigung derselben der Sinn für den palaeographischen Charakter der Schrift in weiteren Kreisen sich ausbildet, so wird dadurch auch die Unterscheidung des ächten vom unächten erleichtert und vielleicht in Zukunft verhindert werden, dass plumpe Fälschungen immer noch, wenigstens eine Zeit lang, ernste und im Uebrigen mit den antiquarischen Studien vertraute Männer zu täuschen vermögen. Allein wenn auch diese Hoffnung sich als Täuschung erweisen sollte (was keineswegs unmöglich ist), so werden diese Zeilen doch vielleicht dazu beitragen, dass mechanische Copieen von Inschriften an Stelle unzulänglicher Abschriften, und unter den mechanischen Copieen als die weitaus empfehlenswertheste der Papierabdruck, künftig als die selbstverständliche Form der Inschriftencopie zu allgemeinster Anwendung kommen.

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Emil Hübner: Über mechanische Copieen von Inschriften. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1881, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:H%C3%BCbner_%C3%9Cber_mechanische_Copieen_von_Inschriften.djvu/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)